SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz hat sich skeptisch zu einer möglichen Koalition seiner Partei mit der Linken geäußert. Hinsichtlich der Regierungsfähigkeit der Linkspartei gebe es „noch viele Fragen, da wird es sicherlich viel zu diskutieren geben“, sagte Scholz am Mittwochabend in der ARD-Talksendung „Maischberger. Die Woche“. Der Bundesfinanzminister zitierte auch einen Satz des früheren SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel, wonach die Frage der Koalition „von den Anderen“ abhänge.
Im „Spiegel“ bekräftigte Scholz allerdings auch, dass für ihn grundsätzlich unterschiedliche Regierungskonstellationen in Frage kommen. „Ich leide nicht unter Ausschließeritis“ sagte er dem Magazin. Es gelte, die Wahlentscheidung der Bürgerinnen und Bürger abzuwarten, „dann können wir sehen, wer zu uns passt und wer nicht“.
Linken-Parteichef Bernd Riexinger sagte zu der Debatte: „Die Frage ist, ob Olaf Scholz einen Richtungswechsel in der Politik will und dafür begeistern kann.“ Er selbst sehe durchaus „Gemeinsamkeiten mit der SPD, die ein gemeinsames Projekt möglich machen könnten“. Zu Scholz selbst sagte Riexinger der „Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen“: „Ich glaube schon, das Scholz Kanzler kann. Er ist ein Pragmatiker und geübt in Regierungsämtern.“
Die SPD-Vorsitzenden Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans hatten am Wochenende Offenheit für eine Koalition mit der Linken signalisiert. Ein solches Bündnis sei „möglich und denkbar“, sagte Esken der ARD. Walter-Borjans sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe, wenn die SPD eine solche Bündnisoption ausschließen würde, „hätten die Verteidiger des ‚Weiter-so‘ und damit der weitergehenden Spaltung der Gesellschaft schon gewonnen“.
Esken und Walter-Borjans gehören zum linken Flügel der SPD, Scholz wird eher der Parteirechten zugerechnet. Der Finanzminister war am Montag vom Parteivorstand einstimmig als Kanzlerkandidat nominiert worden.
Scholz sagte dem „Spiegel“ mit Blick auf die Parteivorsitzenden, die sich im vergangenen Jahr in einer Mitgliederbefragung gegen ihn durchgesetzt hatten: „Ich vertraue Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans uneingeschränkt.“ Auch habe die SPD „in ihren besten Zeiten immer eine gewisse politische Bandbreite repräsentiert“.
Der frühere Grünen-Vorsitzende Jürgen Trittin wandte sich gegen Forderungen aus den Reihen von SPD und Linkspartei, die Grünen sollten einem Regierungsbündnis mit der Union eine Absage erteilen. Er finde es „lustig, wenn Sozialdemokraten uns warnen, mit dem ‚Klassenfeind zu kollaborieren'“, sagte er dem Berliner „Tagesspiegel“. Immerhin regiere die SPD in der dritten großen Koalition mit der Union, also mehr als ein Jahrzehnt, „da sollten sie jetzt mal die Füße still halten“.
Trittin wies auch darauf hin, dass es aus seiner Sicht neue Schnittmengen zwischen Grünen und Union gebe. So hätten CDU und CSU sich in der Corona-Krise von einem harten Sparkurs auch auf europäischer Ebene abgewandt. „Das macht Verhandlungen nach der Bundestagswahl etwas leichter“, sagte der Grünen-Politiker.
Zugleich betonte Trittin, dass es für die Grünen mit der SPD größere Schnittmengen gebe und die Option eines Linksbündnisses ebenfalls bestehe: „Wenn es solche Mehrheiten gäbe, wäre das Abo der Union aufs Kanzleramt beendet.“