Verfassungsschutz: Auf Corona-Demos „alle Verschwörungstheorien dieser Welt“ vertreten

Bundeamt für Verfassungsschutz - Bild: REUTERS/Ina Fassbender
Bundeamt für Verfassungsschutz - Bild: REUTERS/Ina Fassbender

Die umstrittenen Demonstrationen gegen die Corona-Politik sind nach Einschätzung von Verfassungsschutzchef Thomas Haldenwang nicht von Extremisten dominiert. „Rechts-, aber auch einige Linksextremisten haben versucht, die Corona-Proteste zu instrumentalisieren“, sagte Haldenwang der „Süddeutschen Zeitung“. „Sie haben geglaubt, im Protest gegen die Corona-Politik würden sich die Leute hinter sie scharen. Aber das hat nicht funktioniert.“ In Stuttgart demonstrierten derweil am Samstag rund tausend Menschen friedlich gegen die Anti-Corona-Maßnahmen.

Haldenwang sagte, zwar würden bei den Demonstrationen in verschiedenen Städten auch „einige Rechtsextremisten“ mitmischen. „Sie haben sich natürlich inszeniert und sich vor die Kameras gestellt. So entsteht aber ein falsches Bild“, fügte der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz hinzu.

Eine Analyse der Reden auf diesen Demonstrationen zeige stattdessen, dass dort „alle Verschwörungstheorien dieser Welt“ vertreten seien. „Es gibt die Pandemieleugner und diejenigen, die meinen, die Regierung wolle durch den Lockdown über eine ohnehin vorhandene Rezession hinwegtäuschen. Oder, dass die Regierung nur einen Vorwand brauchte, um Repressionen einzuführen“, sagte Haldenwang. Vielfach gebe es auch antisemitische Untertöne.

Unterdessen ergab eine am Samstag veröffentlichte Umfrage des Forsa-Instituts für die Mediengruppe RTL, dass nur neun Prozent der Bürger Verständnis für die Demonstrationen haben. Auf besonders starke Ablehnung stoßen die Kundgebungen gegen die Corona-Politik demnach in zwei Altersgruppen: 93 Prozent der über 60-Jährigen und 94 Prozent der 18- bis 29-Jährigen gaben an, sie hätten kein Verständnis für die Proteste.

Das Unverständnis teilen laut Umfrage die Anhänger fast aller Parteien – mit einer Ausnahme: 59 Prozent der AfD-Anhänger sagten, sie begrüßten die Proteste.

Bei der Demonstration am Samstag in Stuttgart hob die Polizei die gute Zusammenarbeit mit den Versammlungsleitern hervor. Der vorgeschriebene Mindestabstand wurde demnach meist eingehalten.

Bei der Kundgebung gegen die Corona-Politik trat auch der Ex-Fußball-Nationalspieler Thomas Berthold als Redner auf. Gegenüber dem „Sport-Informations-Dienst“ verteidigte Berthold am Sonntag seinen Auftritt. „Ich bereue gar nichts, auf keinen Fall, dafür war die Resonanz viel zu positiv und das Thema viel zu wichtig“, sagte Berthold dem SID. „An der geplanten Demonstration am 29. August in Berlin werde auch ich teilnehmen.“

Eine weitere Demonstration gegen die Corona-Auflagen war für Sonntagnachmittag in Dortmund angekündigt. Zu der Kundgebung wurden nach Veranstalterangaben bis zu 1500 Teilnehmer erwartet, wie die Polizei im Vorfeld mitteilte.

In Berlin waren am 1. August etwa 20.000 Menschen zusammengekommen und hatten gegen die Maßnahmen im Kampf gegen eine Ausbreitung des Virus protestiert. Die Corona-Auflagen wurden dort bewusst missachtet: Der Mindestabstand wurde nicht eingehalten, kaum jemand trug eine Maske. Neben Corona-Leugnern und Impfgegnern waren auch viele Teilnehmer mit eindeutig rechtsgerichteten Fahnen oder T-Shirts in der Menge.

SPD-Chefin Saskia Esken hatte danach getwittert: „Tausende Covidioten feiern sich in Berlin als ‚die zweite Welle‘, ohne Abstand, ohne Maske.“ Dazu sagte Esken am Sonntag im Sommerinterview des ARD-„Berichts aus Berlin“, eine „sehr sehr überwiegende Mehrheit“ stehe hinter dem Umgang der Politik mit der Corona-Pandemie.

Sie sehe aber auch, dass bei solchen Demonstrationen Identitäre, Reichsbürger und Rechtsextreme dabei seien, „auch bei den Organisatoren“. Berichte von Medienvertretern über die Demonstrationen hätten deutlich gemacht, „da sind schon Leute unterwegs, die wirklich den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft massiv gefährden“.

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