Wirecard laut Insolvenzverwalter „nicht auf Transparenz ausgelegt“

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Wirecard - Bild: Kaethe17 / CC BY-SA

Der insolvente Zahlungsdienstleister Wirecard hat bereits seit Jahren Verlust in Milliardenhöhe angehäuft. Die Überschuldung belaufe sich auf insgesamt 2,8 Milliarden Euro, heißt es in einem Gutachten von Insolvenzverwalter Michael Jaffé, aus dem „Süddeutsche Zeitung“, WDR und „Handelsblatt“ zitierten. Nur wenige der weltweit über 50 Firmen des Konzerns hatten demnach „überhaupt eigene Einnahmen“. Die Firma sei „nicht auf Transparenz ausgelegt“ gewesen.

Wirecard habe Woche für Woche das Geld verbrannt, das Banken dem Konzern geliehen und Investoren angelegt hatten, berichteten WDR und „SZ“ am Freitag. Vor der Insolvenz im Juni seien es zehn Millionen Euro pro Woche gewesen. 

Schon im Jahr 2017 soll der Verlust des Konzerns 99 Millionen Euro betragen haben, wie es weiter heißt. 2018 betrug das Minus dann 190 Millionen Euro, 2019 rund 375 Millionen Euro. Allein in den ersten drei Monaten des Jahres seien Verluste in Höhe von 86 Millionen Euro hinzugekommen. 

Laut dem 300 Seiten langen Gutachten habe Wirecard 3,2 Milliarden Euro an Verbindlichkeiten angehäuft, berichteten WDR, „SZ“ und „Handelsblatt“. Dem stünden 26,8 Millionen Euro an frei verfügbaren Bankguthaben gegenüber.

Die Strukturen der Unternehmensgruppe seien „völlig intransparent“ gewesen, schreibt Jaffé den Berichten zufolge. Es habe in der Zentrale in Aschheim bei München keine zusammengefassten Informationen über organisatorische Zuständigkeiten, zu den Tätigkeiten der einzelnen Gesellschaften, zu Zahlungen innerhalb des Konzerns und anderen Bereichen gegeben. Das habe alles erst „aufwendig erarbeitet“ werden müssen. „Die Strukturen der Gruppe waren nicht auf Transparenz ausgelegt.“

Laut „SZ“ gingen infolge des Bilanzskandals sogar Drohungen ein. Dies habe dazu geführt, dass einzelne Manager Räume mit offenen Fenstern aus Sorge vor einem „Anschlag“ nicht mehr betreten wollten.

Jaffé prüfe rechtliche Schritte gegen frühere Verantwortliche, vor allem gegen Ex-Konzernchef Markus Braun und den flüchtigen Ex-Finanzchef Jan Marsalek, berichteten die Medien. Er denke zudem über Ansprüche gegen den Wirtschaftsprüfer von Wirecard nach, EY. Der Abschlussprüfer hatte die Bilanzen von 2011 bis 2018 testiert. 

Wirecard hatte Ende Juni Insolvenz angemeldet. Zuvor hatte das Unternehmen einräumen müssen, dass in der Bilanz aufgeführte Gelder von 1,9 Milliarden Euro, die vermeintlich auf asiatischen Bankkonten lagern sollten, nicht auffindbar seien. Die Staatsanwaltschaft München I ermittelt in dem Fall. Sie geht von gewerbsmäßigem Bandenbetrug aus.

Braun wurde im Zuge des Skandals zweimal verhaftet, zuletzt im Juli. Damals wurden zudem zwei weitere frühere Vorstände festgenommen. Ihnen wird Bilanz- und Umsatzfälschung schon seit dem Jahr 2017 vorgeworfen.

Kommende Woche tritt wegen des Skandals der Finanzausschuss des Bundestags zu zwei weiteren Sondersitzungen zusammen. Bereits Ende Juli war eine Sondersitzung einberufen worden, bei der Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) und Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) befragt wurden. Die FDP hatte sich im Anschluss offen für die Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses gezeigt. Die Grünen wollten die beiden kommenden Sondersitzungen des Finanzausschusses abwarten. Linke und AfD sprachen sich bereits für einen Untersuchungsausschuss aus.

Bei den anstehenden Sondersitzungen werden am Montag zunächst Vertreter des Bundeskanzleramts und Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) erwartet. Anschließend sollen Vertreter des bayerischen Staatsministeriums, der Finanzaufsichtsbehörde Bafin und der Zoll-Spezialeinheit Financial Intelligence Unit (FIU) befragt werden. Für Dienstag wurden Vertreter der Bafin, des Bundesbank, der Deutschen Börse und des hessischen Wirtschaftsministeriums geladen.

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