Wirtschaft und Gewerkschaften warnen vor zweitem Lockdown – Zahl der Neuinfektionen an drei Tagen über 1.000

Symbolbild: Coronavirus
Symbolbild: Coronavirus

Angesichts steigender Infektionszahlen in Deutschland warnen Wirtschaft und Gewerkschaften vor einem zweiten Lockdown. Auch Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) nannte den Anstieg der Neuinfektionen auf über 1000 Fälle pro Tag „alarmierend“ und sagte, einen zweiten Lockdown gelte es „mit aller Macht“ zu verhindern. Am Sonntag meldete das Robert-Koch-Institut 555 Neuinfektionen – allerdings übermitteln am Wochenende nicht alle Gesundheitsämter ihre Daten.

Die Zahl der gemeldeten Corona-Neuinfektionen hatte am Samstag den dritten Tag in Folge über 1000 gelegen. „Wir müssen diesen Trend abflachen und umkehren, denn es geht um die Gesundheit aller, die Rückkehr der Kinder in die Schulen und den Aufschwung unserer Wirtschaft“, sagte Altmaier den Zeitungen der Funke Mediengruppe vom Sonntag. 

Daher brauche Deutschland „zielgenauere Maßnahmen und Korrekturen“ statt flächendeckender Rundumschläge. Nach einem halben Jahr Erfahrung mit dem Virus sei eine medizinische Einordnung dessen nötig, was falsch gelaufen sei und geändert werden müsse, forderte Altmaier.

Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer plädierte in der „Bild am Sonntag“ für kleinere Schließungen, Quarantäne und zeitlich begrenzte regionale Reaktionen. „Wir haben gelernt, dass bei größeren Infektionsherden nicht alles stillgelegt werden muss.“ 

Der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Reiner Hoffmann, äußerte sich verhalten optimistisch: „Ich bin guter Hoffnung, dass wir inzwischen gelernt haben, mit dieser Pandemie umzugehen. Wenn sich alle an die Hygiene- und Abstandsregeln halten, können wir es hoffentlich ohne einen zweiten Lockdown schaffen.“

Der Chef des CDU-Wirtschaftsrats, Wolfgang Steiger, hatte angesichts der steigenden Infektionszahlen gefordert, Bundesbürgern Reisen in Corona-Risikogebiete zu verbieten. „Ein solches Verbot käme viel zu spät“, sagte der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach dem „Tagesspiegel“ vom Sonntag. „Die Urlauber sind längst unterwegs oder auf der Rückreise.“ Außerdem sei eine solche Einschränkung verfassungsrechtlich nicht durchsetzbar.

Seit Samstag muss sich bei der Einreise testen lassen, wer aus Risikogebieten nach Deutschland kommt. Der Test ist für die Betroffenen bis zu drei Tage nach der Ankunft kostenlos. 

Das kritisierte etwa Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU). Der Aufwand „für selbst gewählte Risiken kann nicht ständig auf die Gesellschaft abgewälzt werden“, sagte er dem „Spiegel“. Vorübergehend sei die Regelung richtig, „um die sofortige Inanspruchnahme durch die Reisenden zu sichern“. Für eine dauerhafte Lösung müsse aber über Alternativen nachgedacht werden, „zum Beispiel, ob die Kosten für die Tests auf die entsprechenden Flugtickets umgelegt werden“.

Hausärzte-Präsident Ulrich Weigeldt kritisierte in der „Welt“ vom Samstag, die von der Bundesregierung ausgewiesenen Risikogebiete seien „viel zu pauschal“ eingeteilt worden. Er nannte die Testpflicht „Aktionismus“. Viele Hausärzte seien nicht für einen riesigen „Ansturm von Testwilligen“ ausgestattet.

Als Risikogebiete eingestuft sind die meisten Staaten der Erde, auch die USA oder Brasilien. In der EU hat das Robert-Koch-Institut Luxemburg, die belgische Region Antwerpen und einige Regionen Nordspaniens als Risikogebiet ausgewiesen, am Freitagabend kamen Gebiete in Rumänien und Bulgarien dazu, unter anderem in einer Urlaubsregion an der Schwarzmeerküste. 

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