Berliner Verfassungsschutz: Eskalation vor Reichstag bei Corona-Demo kam spontan

Bundeamt für Verfassungsschutz - Bild: REUTERS/Ina Fassbender
Bundeamt für Verfassungsschutz - Bild: REUTERS/Ina Fassbender

Elf Tage nach der Besetzung der Treppe des Reichstagsgebäudes durch Rechtsextremisten in Berlin am Rande einer Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen geht der Landesverfassungsschutz von einer spontanen Aktion aus. „Selbst für Szeneangehörige war nicht vorhersehbar, dass es gelingen würde, auf die Treppe zu gelangen“, sagte Behördenleiter Michael Fischer am Mittwoch vor dem Verfassungsschutzausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses.

Zwar habe die Behörde in den Tagen vor der Demonstration von Aufrufen zu einer solchen Aktion erfahren, diese gebe es in der Reichsbürger- und Rechtsextremistenszene jedoch regelmäßig. Auch am Kundgebungstag selbst hätten Redner schon am Vormittag zu einer Erstürmung aufgerufen. Dies sei allerdings ohne nennenswerte Reaktion der 300 bis 500 Teilnehmer geblieben, erklärte Staatssekretär Torsten Akmann. 

Laut Fischer führten zwei parallele Ereignisse im Laufe des Tages zu der Eskalation vor dem Reichstagsgebäude. Zum einen habe eine Reichsbürgeraktivistin auf der Bühne bei der Kundgebung erneut zu dieser Aktion aufgerufen. Gleichzeitig hätten mehrere hundert Menschen den Veranstaltungsort erreicht, die zuvor an den Ausschreitungen vor der russischen Botschaft beteiligt gewesen seien.

Insgesamt sei es etwa 50 Menschen gelungen, die Polizeiabsperrung zu übersteigen und auf die Treppe zu gelangen, erklärte Fischer. Die Gruppe sei innerhalb weniger Minuten auf 450 bis 500 Menschen angewachsen, bevor sie zurückgedrängt wurde. An der Aktion seien vor allem Reichsbürger und Holocaustleugner beteiligt gewesen. Die Ermittlungen dazu Fall seien noch nicht abgeschlossen.

Hauptgrund für den hohen Anteil an Reichsbürgern und Rechtsextremisten unter den Demonstranten am 29. August war nach Ansicht Akmanns nicht der juristische Streit um das zunächst verhängte Demoverbot. Grund sei vielmehr die Großdemonstration gegen die Corona-Verordnungen in Berlin am 1. August gewesen.

Diese sei „szeneintern als großer Erfolg bewertet“ worden, sagte Akmann. Deswegen hätten Rechtsextremisten und Reichsbürger ihre Anhänger schon vor dem Verbot „noch aggressiver“ für die Demonstration rund vier Wochen später mobilisiert.

In Berlin hatte es am 29. August mehrere Protestkundgebungen zehntausender Menschen gegen die Corona-Politik der Regierung gegeben. Eine Demonstration mit 18.000 Menschen wurde aufgelöst, weil die Mindestabstände nicht eingehalten wurden.

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