Die EU-Finanzminister haben die schwierige Debatte über die Rückzahlung der Schulden aus dem milliardenschweren Corona-Hilfsfonds begonnen. Die EU nehme „sehr hohe Schulden“ auf, um die Wirtschaftskrise zu bekämpfen, sagte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) am Freitag beim Treffen mit seinen EU-Kollegen in Berlin. Es müssten nun neue EU-Steuern und Abgaben beschlossen werden, um diese zurückzuzahlen. Frankreich forderte vor allem Tempo bei einer Steuer auf große Digitalkonzerne.
Die Corona-Pandemie hat in Europa zum schwersten Wirtschaftseinbruch seit dem Zweiten Weltkrieg geführt. Bei einem Sondergipfel im Juli hatten sich die EU-Staats- und Regierungschefs auf einen beispiellosen Aufbaufonds von 750 Milliarden Euro geeinigt, der die Mitgliedstaaten schnell wieder aus der Krise bringen soll. Die Gelder werden dabei durch die EU-Kommission als gemeinsame Schulden aufgenommen, für die alle Länder haften.
Der EU-Gipfel vom Juli hatte mehrere Möglichkeiten genannt, um die Rückzahlung ohne höhere Beiträge der Mitgliedstaaten zu organisieren: eine Abgabe auf Plastikmüll ab 2021 sowie eine Digitalsteuer und eine Einfuhrgebühr auf bestimmte Produkte aus Drittstaaten mit geringeren Umweltauflagen ab 2023. Hinzu kommt eine Ausweitung des Emissionshandels etwa auf Luft- und Schifffahrt und eine Steuer auf Finanzgeschäfte.
Scholz sagte, eine neue Einnahmequelle auf EU-Ebene reiche nicht, um die Schulden zurückzuzahlen, es brauche mehrere. Aus seiner Sicht werden die Einnahmen aus dem Emissionshandel „eine große Rolle“ spielen. Auch die Grenzsteuer gegen Umweltdumping sowie die Finanztransaktionssteuer hielt er für vielversprechend.
Letztere ist allerdings schon mehrfach auf EU-Ebene gescheitert. Derzeit gibt es nur noch eine Gruppe von zehn Ländern um Deutschland, die das Vorhaben weiter verfolgen. Anfang des Jahres hatte Österreich als eines der zehn Länder noch einen Vorschlag von Scholz für eine bloße Steuer auf Aktiengeschäfte abgelehnt.
Der österreichische Finanzminister Gernot Blümel sagte in Berlin, Wien wolle nur bei einer Steuer mitmachen, „die genau die trifft, die es auch treffen soll: nämlich die Hochfrequenztrader, die Spekulanten“. Eine Finanzsteuer, „die de facto nur das Investieren in Unternehmen teurer macht, das kann nicht der richtige Weg sein“.
Frankreich forderte unterdessen schon Anfang kommenden Jahres einen Beschluss zur Einführung einer Digitalsteuer auf EU-Ebene, wenn die internationalen Verhandlungen bei der OECD dazu scheitern sollten. Finanzminister Bruno Le Maire verwies dabei darauf, dass in der Corona-Krise „die Digital-Giganten die einzigen Gewinner“ seien, während der Rest der Wirtschaft leide.
Die Digitalsteuer hatte die EU eigentlich schon im vergangenen Jahr beschließen wollen. Im März 2019 verhinderten Länder wie Dänemark, Irland und Schweden aber die Einführung einer geplanten EU-Abgabe auf Online-Werbeeinnahmen. Es wurde damals vereinbart, nun nochmals einen Anlauf innerhalb der OECD zu unternehmen, der auch die USA angehören, wo viele Digitalkonzerne ihren Sitz haben.
Scholz zeigte sich am Freitag zuversichtlich, dass bei der OECD noch eine Einigung möglich sei. Es werde dort „sehr hart“ an einer „Blaupause“ für die Steuer gearbeitet, sagte er.