Die Nutzung der Atomenergie zur Stromerzeugung in Deutschland hat einer Studie zufolge seit den 1950er Jahren geschätzte gesamtgesellschaftliche Kosten von mehr als einer Billion Euro verursacht. Diese Summe umfasse sowohl staatliche Förderungen als auch Verkaufspreise des Stroms sowie externe Kosten, wie die am Donnerstag veröffentlichte Studie des Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) im Auftrag der Ökoenergiegenossenschaft Greenpeace Energy ergab.
„Kein anderer Energieträger hat so hohe Kosten verursacht wie die riskante Atomkraft“, erklärte Sönke Tangermann, Vorstand bei Greenpeace Energy. Sie sei „auch nach 65 Jahren höchst unwirtschaftlich“.
Deutschlands Einstieg in die zivile Nutzung der Atomenergie hatte am 20. Oktober 1955 mit der Gründung des Bundesministeriums für Atomfragen begonnen. Seither gingen hierzulande laut Greenpeace Energy mit staatlicher Förderung mehr als 100 Atomanlagen in Betrieb – kommerziell genutzte AKWs ebenso wie Forschungsreaktoren und Lager für radioaktiven Müll.
Das FÖS trug die seit 1955 erfassbaren Förderungen und staatlichen Ausgaben zusammen. 287 Milliarden Euro machen demnach in diesem Zeitraum allein direkte und indirekte staatliche Förderungen aus – wie etwa Finanzhilfen, Forschungsausgaben oder Steuervergünstigungen, aber auch Vorteile für Atomkonzerne durch den Emissionshandel oder eigene Rückstellungen.
Weitere neun Milliarden Euro seien auf sonstige staatliche Kosten entfallen, etwa für Polizeieinsätze bei Castor-Transporten oder für von der Bundesrepublik übernommene Atom-Folgekosten als staatlicher Nachfolger der DDR.
„Ein Großteil dieser Kosten war im Strompreis nie enthalten, weshalb Atomenergie fälschlicherweise als kostengünstige Stromquelle galt“, erklärte Tangermann. Allein zwischen 2007 und 2019 summieren sich die gesamtgesellschaftlichen Kosten von Atomstrom laut FÖS auf bis zu 533 Milliarden Euro. Hochgerechnet auf den Zeitraum seit 1955 gehen die Forscher davon aus, dass die Summe der gesamtgesellschaftlichen Kosten die Billionengrenze deutlich überschreite.
Auch nach dem Ausstieg aus der Stromerzeugung durch Atomenergie Ende 2022 würden hohe staatliche Ausgaben anfallen. Laut FÖS seien Kosten in Höhe von mindestens sieben Milliarden Euro bereits konkret absehbar, die nicht von den AKW-Betreibern abgedeckt werden, etwa für die Sanierung von Atomlagern oder die Stilllegung ehemaliger AKW-Standorte.
„Angesichts der enormen Kosten und einer alternden Infrastruktur mit immer größeren Risiken kann die Atomkraft keine ernsthafte Alternative sein, um die Klimakrise effektiv zu bekämpfen“, erklärte Tangermann.