Die große Koalition plant offenbar bis zum Mittwoch eine Entscheidung über die Aufnahme von zusätzlichen Geflüchteten aus dem abgebrannten Lager Moria. In den Gesprächen innerhalb der Bundesregierung gehe es um die Frage, wie Deutschland einen „weiteren substanziellen Beitrag“ leisten könne, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte nach AFP-Informationen im CDU-Vorstand, dass sie bis zur Kabinettssitzung am Mittwoch eine Entscheidung über die Aufnahme weiterer Geflüchteter plane.
Merkel sagte den Angaben zufolge, dass sie bereits Gespräche mit Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) aufgenommen habe. Die Bundesregierung wolle aber zugleich weiter eine europäische Lösung suchen und Griechenland unterstützen.
Auch Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) kündigte eine Entscheidung der Koalition über die Aufnahme von weiteren Flüchtlingen aus Moria an. Er sei sich „sicher“, dass die Koalition bis Mittwoch eine Einigung finden werde, sagte Scholz am Mittag in Berlin.
Eine mögliche Zahl der Flüchtlinge, die aus Moria nach Deutschland gebracht werden könnten, wurde zunächst nicht genannt. Scholz sagte, die SPD strebe die Aufnahme einer „substanziellen Zahl“ an. Der deutsche Beitrag solle „der Größe Deutschlands in Europa entsprechen“.
Nach Informationen der „Bild“ aus Regierungskreisen kann sich Merkel die Aufnahme mehrere hundert Kinder mit ihren Familien, womöglich sogar tausende, vorstellen. Eine solche Aufnahme solle nach Merkels Plänen aber als „einmalige Aktion“ gekennzeichnet werden.
Bislang hatte sich die Bundesregierung zur Aufnahme von bis zu 150 unbegleiteten Minderjährigen bereit erklärt, als Teil eines europäischen Kontingents von etwa 400 Geflüchteten.
Dies sei ein „erster Schritt“ gewesen, sagte Regierungssprecher Seibert. Er verwies darauf, dass Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) am Freitag von einem zweiten Schritt gesprochen habe. „Das ist ein Schritt, der die wahrscheinlich ziemlich große Gruppe von Familien mit Kindern umfasst“, sagte Seibert. Über den Abschluss der laufenden Beratungen werde die Bundesregierung „zeitnah informieren“.
Die Lage vieler Flüchtlinge auf Lesbos sei „immer noch entsetzlich“, sagte Seibert. Die Zustände dort seien „unhaltbar“, es herrsche eine „besondere humanitäre Notsituation und nach dem kompletten Abbrennen dieses Lagers kann man auch sagen, es ist eine einmalige Notsituation“.