Die UN-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet hat Moskau zur Zusammenarbeit bei einer „gründlichen, transparenten, unabhängigen und unparteiischen Untersuchung“ im Fall des vergifteten russischen Oppositionellen Alexej Nawalny aufgefordert. Die Zahl von Giftanschlägen und anderen Formen gezielter Morde an russischen Staatsbürgern in den vergangenen zwei Jahrzehnten sei „zutiefst beunruhigend“, erklärte Bachelet am Dienstag. Es liege an den russischen Behörden zu untersuchen, wer für das Verbrechen an Nawalny verantwortlich sei.
Die Bundesregierung hatte in der vergangenen Woche erklärt, dass der Kreml-Kritiker Nawalny „zweifelsfrei“ mit einem chemischen Nervenkampfstoff aus der sogenannten Nowitschok-Gruppe vergiftet worden sei. Das Gift war in den 1970er Jahren von sowjetischen Wissenschaftlern entwickelt worden. Aus Sicht von Nawalnys Unterstützern deutet der Einsatz des Nervengifts darauf hin, dass nur der russische Staat verantwortlich sein kann.
Bachelet erhob keine direkten Anschuldigungen gegenüber Moskau, betonte jedoch, dass Nervengifte wie Nowitschok Substanzen seien, die sehr schwer zu beschaffen seien. Dies werfe zahlreiche Fragen auf.
Nawalny wird seit dem 22. August in der Charité behandelt, nachdem er während eines Flugs in Russland zusammengebrochen war. Nach Angaben der Uniklinik liegt er nicht mehr im künstlichen Koma und wird derzeit schrittweise von der maschinellen Beatmung entwöhnt. Nawalny reagiert demnach bereits auf Ansprache. Langzeitfolgen der schweren Vergiftung schlossen die Ärzte jedoch nicht aus.