Die Kandidatin für den Linken-Bundesvorsitz, Janine Wissler, sieht ihre Partei als „Pol der Hoffnung von links“. Wichtig sei die Zusammenarbeit mit den außerparlamentarischen Bewegungen, sagte sie am Donnerstag in Wiesbaden. „Die Linke will eine Stimme solcher Bewegungen im Parlament sein.“ Mit Blick auf Hessen, wo 2008 eine Tolerierung von Rot-Grün knapp scheiterte und es 2013 rot-rot-grüne Sondierungsgespräche gab, zeigte sich Wissler zugleich auch offen für eine Regierungszusammenarbeit.
Das Beispiel Hessen könne auch „für den Bund eine wichtige Orientierung sein“, sagte die 39-Jährige. Dies zeige, „dass wir bereit sind zum Regierungswechsel, wenn er mit Politikwechsel einhergeht“, sagte die Fraktionsvorsitzende im hessischen Landtag. Auf die Frage, ob sie selbst ein Bundestagsmandat anstrebt, sagte Wissler: „Ich schließe das nicht aus.“
Auch die Frage einer Spitzenkandidatur zur Bundestagswahl wolle sie „in aller Ruhe mit den Beteiligten klären“. Es gebe noch keinen ganz konkreten Fahrplan. Ihr Landtagsmandat werde sie nicht vorzeitig abgeben.
Wissler kandidiert auf dem Parteitag Ende Oktober ebenso wie die thüringische Linken-Chefin Susanne Hennig-Wellsow für den Parteivorsitz. Sie könne sich „sehr gut vorstellen“, mit Hennig-Wellsow eine weibliche Doppelspitze zu bilden. Auf dem Parteitag würden die Vorsitzenden aber einzeln gewählt, sagte sie.
Den Linken stehe „ein großer personeller Umbruch“ in „politisch sehr schwierigen Zeiten“ bevor, sagte Wissler mit Blick auf die Corona-Pandemie, die Klimakrise, zunehmende militärische Spannungen und die wachsende Gefahr von rechts.
Sie sei überzeugt, dass die Linke eine „stärkere gesellschaftliche Rolle spielen kann als heute“ spielen könne. Zum Wählerspektrum der Partei zählte Wissler den klassischen Industriearbeiter ebenso wie Hartz-IV-Empfänger. Die Linke wolle auch Ansprechpartner für Klimaaktivisten wie Fridays for Future, Flüchtlingsorganisationen wie die Seebrücke oder für Pflegekräfte sein.
Wissler bekräftigte ihre Zugehörigkeit zum linken Flügel der Partei. Die Linke stehe für „grundlegende Veränderungen der Macht- und Eigentumsstrukturen“, betonte sie. „Wir brauchen eine klare Umverteilung.“ Kriegseinsätzen der Bundeswehr werde sie nicht zustimmen.
Zu ihrem Austritt aus dem trotzkistischen Netzwerk Marx21 sagte Wissler, dies sei angesichts ihrer Bewerbung um den Vorsitz ein „selbstverständlicher Schritt“ gewesen. Sie wolle für die gesamte Partei sprechen. Eine Aufgabe ihrer Positionen sei dies aber nicht. Wissler fügte hinzu, dass sie in den vergangenen Jahren „nicht übermäßig aktiv in Strömungen“ gewesen sei.
Am Dienstag war bekannt geworden, dass Wissler sich aus dem Netzwerk Marx21 und der „Sozialistischen Linken“ (SL) zurückzieht. Marx21 ist die deutsche Sektion des internationalen trotzkistischen Dachverbands „International Socialist Tendency“ mit Sitz in London. Das Netzwerk arbeitet im bundesweiten Zusammenschluss „Sozialistische Linke“ mit und wird vom Verfassungsschutz beobachtet. Es lehnt Regierungsbeteiligungen ab.