Die Zahl der Asylbewerber in der Europäischen Union ist laut einem Zeitungsbericht im ersten Halbjahr 2020 stark gesunken. 196.620 Menschen beantragten in diesem Zeitraum erstmals Asyl in einem der 27 EU-Staaten, was einem Rückgang um 34 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum entspricht, wie die Zeitungen der Funke Mediengruppe in ihren Mittwochsausgaben unter Berufung auf Zahlen des EU-Statistikamts Eurostat berichten.
Grund für den deutlichen Rückgang ist offensichtlich die Corona-Krise. Die Zahlen gingen dem Bericht zufolge erst mit den ersten drastischen Corona-Maßnahmen im März stark zurück. In Deutschland beantragten demnach zwischen Januar und Juni 46.655 Menschen erstmals Asyl – ein Rückgang um 36 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.
Aus den Zahlen ergibt sich laut den Funke-Zeitungen auch, dass Deutschland weiter das wichtigste Zielland für Asylbewerber in der EU ist, gefolgt von Spanien und Frankreich. Der deutsche Anteil an allen Erstanträgen in der EU liege allerdings mit 23,7 Prozent deutlich niedriger als während der Flüchtlingskrise 2015/2016, als der Anteil über 30 Prozent betragen hatte.
Die EU-Kommission will am Mittwochmittag ihre neuen Vorschläge für die seit Jahren umstrittene Asylreform vorstellen. Brüssel strebt ein neues „System zur Migrationssteuerung“ an, das laut Innenkommissarin Ylva Johansson verstärkte Abschiebungen und einen „verpflichtenden Solidaritätsmechanismus“ zur Entlastung der Hauptankunftsländer vorsieht.
Seit dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise von 2015 scheiterten immer wieder Versuche, Europas Asylsystem zu reformieren. Knackpunkt war stets die Verteilung von Flüchtlingen auf die anderen EU-Staaten, um Ankunftsländer wie Italien oder Griechenland an den Außengrenzen zu entlasten. Osteuropäische Länder wie Ungarn und Polen weigerten sich kategorisch, Migranten aufzunehmen. Sie sollen nach dem Kommissionsvorschlag nun auch Solidarität durch Hilfe bei Abschiebungen zeigen können.