Nach neuer Kritik am Mercosur-Handelsabkommen wegen unzureichender Umweltschutzauflagen hat sich die EU-Kommission gesprächsbereit gezeigt. Brüssel setze sich dafür ein, dass das Mercosur-Abkommen „auch für die globalen Nachhaltigkeitsziele funktioniert“, sagte eine Sprecherin am Freitag. Die Kommission werde mit dem Europaparlament und den Mitgliedstaaten beraten, wie dies erreicht werden könne. Aus dem Europaparlament kam die Forderung nach einem wirksamen Durchsetzungsmechanismus.
Die EU und die Mercosur-Staaten Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay hatten sich im Juni 2019 nach 20 Jahren Verhandlungen auf ein umfassendes Assoziierungsabkommen zur Bildung der größten Freihandelszone der Welt verständigt. Vor allem wegen der großflächigen Waldbrände zur Abholzung im Amazonasgebiet wird die Kritik daran aber immer lauter.
Die Umweltschutzorganisation Greenpeace hatte am Donnerstag erklärt, dass der Vertrag dem Schutz von Klima und Umwelt nur eine schwache Rechtsstellung einräumt. Anders als etwa die Achtung der Menschenrechte gelte der Schutz von Umwelt und Klima nicht als wesentlicher Bestandteil, weshalb die EU das Abkommen bei Verstößen in diesem Bereich nicht ganz oder teilweise aussetzen könne.
Die Organisation bezog sich dabei auf den bisher unter Verschluss gehaltenen Teil des Assoziierungsabkommens, zu dem der Handelsvertrag gehört. „Umwelt- und Klimaschutz kommen im Text zwar zur Sprache, es bleibt aber bei bloßen Absichtserklärungen“, erklärte die Organisation. „Konkrete Verpflichtungen und Maßnahmen aber fehlen.“
„Das Abkommen ist und bleibt ein ‚Autos für Kühe‘-Deal, der den Exportinteressen der EU dient“, erklärte Greenpeace-Handelsexperte Jürgen Knirsch. „Der Verhandlungstext bestätigt: Umweltschutz ist hier zweitrangig“.
Der Vorsitzende des Außenhandelsausschusses im Europaparlament, Bernd Lange, forderte Nachverhandlungen für einen wirksamen Überwachungs- und Umsetzungsmechanismus. „Die Durchsetzungsmöglichkeiten in dem bisherigen Abkommen seien „äußerst dünn“, sagte der SPD-Politiker der Nachrichtenagentur AFP. Er forderte „einen Zusatz zu dem Abkommen“, um Zusagen im Umweltschutzbereich durchsetzbar zu machen.
„Das hängt sehr stark an der brasilianischen Regierung“, sagte Lange. Die Regierung von Staatschef Jair Bolsonaro habe aber „jegliche Verhandlungen darüber abgelehnt“. Er sehe bei anderen Mercosur-Mitgliedern wie Argentinien aber Gesprächsbereitschaft.
Das Mercosur-Abkommen ist seit Jahren umstritten. Europäische Landwirte befürchten auch unfaire Konkurrenz durch südamerikanische Agrarkonzerne. Bevor der Vertrag in Kraft treten kann, muss er vom Europaparlament und allen EU-Mitgliedstaaten ratifiziert werden.
Das EU-Parlament hatte sich am Mittwoch gegen eine rasche Ratifizierung des Abkommens „in seiner jetzigen Form“ ausgesprochen. Es zeigte sich dabei „zutiefst besorgt über die Umweltpolitik von Jair Bolsonaro“.
Einige nationale und regionale Parlamente in der EU haben den Text in seiner jetzigen Form bereits abgelehnt. Selbst die Bundesregierung, die den Abschluss des Abkommens jahrelang energisch verfolgt hatte, zeigte sich zuletzt skeptisch, ob dessen Umsetzung derzeit machbar ist.