Das seit fast 70 Jahren geltende Wohnungseigentumsgesetz (WEG) wird umfassend reformiert. Nachdem der Bundesrat am Freitag der Gesetzesnovelle zustimmte, treten die Änderungen für Millionen von Wohnungseigentümer nun überwiegend zum 1. Dezember 2020 in Kraft. Sie sollen unter anderem dem Einbau von Ladesäulen für Elektroautos einen Schub verleihen und die Verwaltung von gemeinschaftlichem Eigentum effizienter machen.
Die Reform betrifft nach Angaben des Verbandes Wohnen im Eigentum (WiE) rund zehn Millionen Eigentümer. Demnach haben Wohnungseigentümer und auch Mieter künftig einen Anspruch darauf, in der Tiefgarage oder auf dem Grundstück des Hauses auf eigene Kosten eine Ladesäule für Elektroautos zu installieren. Bisher scheiterte der Einbau häufig an der fehlenden Zustimmung der Miteigentümer oder Vermieter. Erleichtert werden auch Umbauten zur Barrierefreiheit, zum Einbruchsschutz oder für einen Glasfaseranschluss, sofern sie auf eigene Kosten erfolgen.
In seiner bisherigen Form gilt das WEG bereits seit 1951. Damals sollte es den Wohnungsbau stärken und so breiten Bevölkerungsschichten den Erwerb einer Eigentumswohnung ermöglichen. Umweltpolitische Herausforderungen, die Digitalisierung oder der demographische Wandel spielten allerdings noch keine Rolle.
Die Reform soll nun auch Beschlüsse von Eigentümergemeinschaften erleichtern und Streitbeilegungsmechanismen verbessern. An den Versammlungen sollen Eigentümer künftig auch online teilnehmen können.
Weitere Schwerpunkte der Reform betreffen die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums. Zu teils heftigen Debatten hatten hier im Gesetzgebungsprozess die Befugnisse der Hausverwalter geführt, die von den Eigentümern bestellt werden können. Hier hatte der Bundestag im Laufe seiner Beratungen einige Ergänzungen des ursprünglichen Regierungsentwurfs vorgenommen. Sie betreffen unter anderem Vorgaben für den Sachkundenachweis eines zertifizierten Verwalters und Regeln zur Bestellung und Abberufung des Verwalters.
Der Verband der Immobilienverwalter Deutschland (VDIV) begrüßte die vom Bundesrat gebilligte Reform als „weitgehend ausgewogen“ und „praxisnah“. Abgesenkte Abstimmungsquoren lösten „Blockadehaltungen einzelner Eigentümer“ auf. Die Einführung eines Sachkundenachweises in Form einer Zertifizierung bilde dabei „die gestiegene Verantwortung des Immobilienverwalters ab“.
Der Präsident des Deutschen Mieterbundes (DMB), Lukas Siebenkotten, reagierte hingegen enttäuscht. Vermietende Wohnungseigentümer hätten zukünftig die Möglichkeit, die Betriebskosten nach Miteigentumsanteilen statt wie bisher üblicherweise nach Wohnfläche auf die Mieter umzulegen.
„Dies birgt ein erhebliches Konfliktpotenzial, da der Verteilungsmaßstab für die Mieter so nicht transparent ist, denn die Mieter kennen in der Regel die Miteigentumsanteile nicht und können sie auch nicht ohne weiteres überprüfen“, kritisierte er. Die Regelung sei „eine Garantie für noch mehr Unsicherheit und Streit zwischen den Parteien bei der Nebenkostenabrechnung“.