Die Agrarpolitik ist ein traditionelles und finanziell nach wie vor das wichtigste Politikfeld der EU. Zwischen Klimaschutzambitionen und finanziellen Interessen ist die Verteilung der Agrarmittel dementsprechend heftig umstritten. Ein Überblick über die geplante Reform der gemeinsamen Agrarpolitik (GAP).
Um wie viel Geld geht es?
Im aktuell diskutierten Haushaltsvorschlag für 2021 bis 2027 sind 387 Milliarden von 1073 Milliarden Euro für die Agrarpolitik vorgesehen. Derzeit laufen noch die Verhandlungen zwischen Parlament und Mitgliedstaaten. An der Ausstattung der GAP dürfte sich aber nichts ändern.
Deutschland stehen demnach 42,3 Milliarden Euro der Agrarhilfen zu, übertroffen lediglich von Frankreich, das über 60 Milliarden Euro erhalten soll. Wichtige Empfängerländer sind außerdem Spanien (41,9 Milliarden), Italien (35,1 Milliarden) und Polen (31,2 Milliarden).
Der Anteil der Agrarmittel am Gesamthaushalt ist in den vergangenen Jahrzehnten deutlich gesunken. Anfang der 80er Jahre waren es noch rund 70 Prozent. Wegen des Brexit und neuer Aufgaben der EU ist dieser Trend im nächsten Haushalt ebenfalls deutlich. Nominal liegt das neue Agrarbudget aber dennoch leicht über dem vorherigen.
Wer bekommt das Geld?
Mehrheitlich die europäischen Landwirte. Der größte Teil der Agrarhilfen wird von den Mitgliedstaaten zumeist auf Basis der bewirtschafteten Fläche an die Betriebe weitergegeben. Ein erheblich kleinerer Anteil steht für Programme zur Entwicklung des ländlichen Raums bereit. An dieser Struktur soll sich grundsätzlich nichts ändern.
Was gibt es Neues?
Die EU-Kommission hatte mit ihrem Reformvorschlag 2018 den Anspruch formuliert, die GAP grüner, einfacher und fairer zu gestalten. Derartige Bestrebungen gibt es schon länger und die Auszahlung der Mittel ist bereits grundsätzlich an Auflagen etwa beim Umwelt- und Tierschutz gebunden. Die Vorgaben sollen nun harmonisiert und ausgebaut werden. Konkret geplant sind:
Verpflichtende Eco-Schemes – Jedes Land soll mindestens 20 Prozent der Direktzahlungen nur auszahlen, wenn die Landwirte sich an Umweltprogrammen, sogenannten Eco-Schemes beteiligen. Das soll Anreize dafür schaffen, dass Betriebe über die grundlegenden Klima- und Umweltauflagen hinausgehen. Das EU-Parlament fordert hier einen Mindestanteil von 30 Prozent.
Nationale Strategiepläne – Die Mitgliedstaaten sollen künftig darlegen, wie sie mit den Agrarmitteln vorgegebene Ziele im Bereich des Natur- und Klimaschutzes oder der Lebensmittelqualität erreichen wollen. Diese Pläne müssen sie in Brüssel zur Prüfung vorlegen.
Kontrollen und Strafen – Empfänger von EU-Geldern, die wiederholt gegen Auflagen etwa beim Tierschutz verstoßen, sollen systematisch die Mittel gestrichen werden. Das EU-Parlament sieht hier Kürzungen von bis zu zehn Prozent vor.
Förderung von Kleinbetrieben – Kleinbauern sollen vereinfachten Kontrollen unterliegen, um ihren Verwaltungsaufwand zu verringern. Das EU-Parlament will außerdem vorschreiben, dass mindestens sechs Prozent der Agrarhilfen an kleine und mittlere Betriebe gehen.
Wie geht es jetzt weiter?
Die Mitgliedstaaten haben ihre Position festgelegt, das Parlament hat damit begonnen. Anschließend beginnen die Verhandlungen über den finalen Text. Ursprünglich sollte die neue GAP bereits ab nächstem Jahr gelten. Verzögerungen bei den Verhandlungen zum nächsten Gemeinschaftshaushalt brachten den Zeitplan aber durcheinander. Anvisiertes Startdatum für die neuen Vergaberegeln ist nun Anfang 2023.
Kritik
Die grundsätzliche Kritik an der europäischen Agrarpolitik wird die Agrarreform wohl nicht ausräumen können. Umweltschützer beklagen seit langem, dass die hauptsächlich auf Flächenprämien beruhenden Hilfen für Landwirte nicht die richtigen Ansätze für eine nachhaltige Landwirtschaft setzen. Im EU-Parlament waren die Grünen deshalb sogar bereit, die gesamte Reform zu kippen.
Auch der Europäische Rechnungshof hat die GAP und die geplante Reform über die letzten Jahre in einer ganzen Reihe von Berichten teils heftig kritisiert. Grundtenor: Dafür, dass die GAP neben den Einkommen der Landwirte auch die Biodiversität sichert, reichen die Änderungen nicht aus.