Mit einem neuen Höchststand von mehr als 30.000 täglichen Corona-Neuinfektionen geht Frankreich in den Teil-Lockdown. Ab dem Wochenende dürfen die Menschen in Paris und sieben weiteren Corona-Hotspots ihre Häuser zwischen 21.00 Uhr und sechs Uhr morgens nicht mehr verlassen. Ausnahmen etwa für den Kultursektor lehnte Premierminister Jean Castex am Freitag ab. Im französischen Grenzgebiet zu Deutschland sorgte die Einstufung als Risikogebiet für Unruhe.
„Jeder muss ab 21.00 Uhr zuhause sein“, sagte Regierungschef Castex zu den neuen Ausgangssperren für die Ballungsräume Paris, Marseille, Lyon, Lille, Rouen, Saint-Etienne, Toulouse und Montpellier. Ausnahmen gibt es für Fahrten zur Arbeit, medizinische Gründe, das Ausführen eines Hundes oder die Pflege eines Angehörigen. Wirtschaftsminister Bruno Le Maire sagte, dies komme die Wirtschaft weniger teuer zu stehen als ein landesweiter Lockdown.
Frankreichs Kulturministerin Roselyne Bachelot hatte zuvor Ausnahmen für Kinos, Theater und Konzertsäle als denkbar bezeichnet und damit Hoffnungen geweckt. Die Kultureinrichtungen müssen in den betroffenen Städten nun ebenso um 21.00 Uhr schließen wie Restaurants.
Die neuen Ausgangssperren sind in Frankreich die härteste Maßnahme seit Ende des landesweiten Lockdowns am 11. Mai. Premier Castex betonte beim Besuch in der Universitätsklinik Lille, damit wolle die Regierung den Krankenhäusern helfen, die in der zweiten Corona-Welle wieder unter Druck geraten.
In der Uniklinik Lille sind nach Castex‘ Worten „fast 40“ Prozent der Intensivbetten mit Corona-Patienten belegt, in Paris sind es sogar noch mehr. Bereits Ende Oktober könnten viele Krankenhäuser wieder an die Belastungsgrenze kommen.
Ab Samstag tritt zudem eine deutsche Reisewarnung „für ganz Frankreich“ in Kraft, wie das Auswärtige Amt mitteilte. Nur Überseegebiete wie Neukaledonien und Französisch-Polynesien sind nicht betroffen, das Außenministerium rät aber auch hier von Reisen „dringend ab“.
Auch das Grenzgebiet mit dem Elsass, Lothringen und dem Verwaltungsbezirk Champagne-Ardenne gilt ab dem Wochenende erstmals seit Mitte Juni wieder als Risikogebiet, wie das das Robert-Koch-Institut mitteilte. In der Region sorgte dies für Unruhe.
„Die Grenzen werden nicht geschlossen“, versicherte dagegen die betroffene französische Region Grand Est. Auch Baden-Württemberg, das Saarland und Rheinland-Pfalz erklärten, die Grenzen blieben offen. Das tägliche Leben, Arbeiten und Studieren dürfe nicht wieder „durch einen kompletten Lockdown lahmgelegt werden“, erklärten die Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne), Tobias Hans (CDU) und Malu Dreyer (SPD). Bei der ersten Corona-Welle im Frühjahr hatte Deutschland die Grenze zu Frankreich weitgehend abgeriegelt.
Grenzpendler dürfen sich nach Angaben der drei Bundesländer „unbeschränkt innerhalb von 24 Stunden im Grenzgebiet“ bewegen. Franzosen müssen damit zum Einkaufen in Deutschland weder einen negativen Corona-Test vorlegen noch in Quarantäne gehen.
Für Familientreffen, Arztbesuche oder zwingende berufliche Gründe seien sogar 72-stündige Ausnahmen geplant, sagte der französische Parlamentarier Christophe Arend dem Radiosender France Bleu. In Frankreich gibt es für Reisende aus Deutschland keine Quarantänepflicht.
Frankreich hatte zuvor mit 30.621 Corona-Neuinfektionen innerhalb eines Tages erneut eine Höchstzahl gemeldet. Die Zahl der Corona-Toten stieg auf insgesamt 33.125 seit Beginn der Pandemie.