Franzosen bereiten sich schweren Herzens auf neuen Corona-Lockdown ab Freitag vor

Frankreich geht in den Teil-Lockdown
Frankreich geht in den Teil-Lockdown

Toilettenpapier, Nudeln und neue Computer: Schweren Herzens haben sich die Franzosen auf den neuerlichen landesweiten Lockdown ab Freitag vorbereitet. Wie zuvor Präsident Emmanuel Macron zeichneten Premierminister Jean Castex und Gesundheitsminister Olivier Véran am Donnerstag ein düsteres Bild der Lage. Diese sei „brutal“.

Laut den Plänen der Regierung beginnt der Lockdown am Freitag und endet zum 1. Dezember. Restaurants, Bars und alle nicht unentbehrlichen Geschäfte müssen schließen, ebenso wie Kinos und andere Veranstaltungssäle. Die Bürger sollen ihre Häuser nur noch aus zwingenden Gründen verlassen, etwa für die Arbeit, zum Einkaufen oder für einen Arzttermin. Private Treffen sollen auf die Kernfamilie beschränkt bleiben. 

Castex rief die Arbeitgeber auf, ihre Angestellten „fünf Tage die Woche“ im Homeoffice arbeiten zu lassen. Die Arbeit müsse unter strikten Hygienevorschriften weitergehen, betonte er und fügte hinzu: „Arbeitslosigkeit und Armut können auch töten.“

Anders als beim letzten Lockdown im Frühjahr sollen Kindergärten und Schulen unter strengen Hygiene-Auflagen offen bleiben. Im Gegenzug gilt die Maskenpflicht nun auch für Kinder ab sechs Jahren. Auch die Parks bleiben geöffnet, Sportwettbewerbe dürfen weiterhin stattfinden.

Angesichts der „plötzlichen“ und „brutalen“ zweiten Ansteckungswelle seien die Maßnahme notwendig, sagte Castex vor dem Parlament. „Wir hatten mit der zweiten Welle der Epidemie gerechnet“, sagte Castex. Doch kein Land habe erwartet, dass diese sich so stark beschleunigen würde.

Bei einem nicht bindenden symbolischen Votum stimmten die Abgeordneten mit überwältigender Mehrheit der neuen Ausgangssperre zu. Überschattet wurde die Debatte von einem Anschlag in Nizza, bei dem ein mutmaßlicher Islamist zwei Frauen und einen Mann tötete.

Wie schon im Frühjahr deckten sich die Menschen am Donnerstag erneut mit Toilettenpapier und Nudeln ein. In Paris standen viele noch vor der Öffnung vor einem Elektroladen Schlange, um Computer zu kaufen. Gefragt waren auch Yogamatten und andere Fitnessgeräte. Die Friseurläden, die ebenfalls ab Freitag wieder geschlossen sind, konnten kaum alle Kunden bedienen.

Macron hatte den Lockdown am Mittwochabend im Fernsehen angekündigt. Die massiv gestiegenen Infektionszahlen machten ein „brutales Bremsmanöver“ unausweichlich, sagte er zur Verteidigung der unpopulären Entscheidung. Ähnlich äußerte sich am Donnerstag auch Gesundheitsminister Véran. Die Regierung habe mit „allen Mitteln“ versucht, einen erneuten Lockdown zu vermeiden. Doch sei ihr angesichts der derzeitigen „europäischen Welle“ nichts anderes mehr übrig geblieben, sagte er im Sender France-Info.

Nach Schätzungen des Ministers hat sich in Frankreich bereits eine Million Menschen mit dem Virus infiziert. „Wir müssen aus dieser zweiten Welle herauskommen“, sagte Véran. Aber er wolle selbst eine „dritte Welle“ nicht ausschließen. Die Franzosen müssten „Mut“ und „Geduld“ haben.

Kritik an den Maßnahmen kam unter anderem vom Arbeitgeberverband. Dessen Präsident Geoffroy Roux de Bézieux bezeichnete vor allem die Schließung der Geschäfte als „Fehler“. Im Sender Europe-1 warnte er vor neuen Pleiten und dem Verlust von zahlreichen Arbeitsplätzen.

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