Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) steht wegen Äußerungen über die Bewachung jüdischer Einrichtungen in dem Bundesland weiter in der Kritik. Stahlknecht selbst sprach am Dienstag von einem „Missverständnis“. „Mein Ziel war und ist es, deutlich zu machen, dass die erhöhte Polizeipräsenz zum Schutz der jüdischen Einrichtungen für mich nicht verhandelbar ist und oberste Priorität in meinem Handeln hat“, erklärte er in Magdeburg. Er sei „zutiefst betroffen und erschüttert, dass meine Äußerungen offensichtlich für ein Missverständnis gesorgt haben“.
Der Zentralrat der Juden in Deutschland hatte zuvor Zweifel an der Eignung Stahlknechts als Innenminister geäußert. Hintergrund ist nach Berichten des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) eine Äußerung des Ministers bei einem Besuch des Polizeireviers Dessau-Roßlau am Freitag, wonach wegen der Bewachung jüdischer Einrichtungen die Polizei womöglich nicht bei jeder anderen Anforderung pünktlich zur Stelle sein könne.
„Mit seinen Äußerungen suggeriert Minister Stahlknecht, Juden seien schuld daran, wenn sich die Polizei um die Belange der übrigen Bevölkerung nicht mehr angemessen kümmern könne“, sagte Schuster am Montag dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Ein Landesinnenminister scheut sich nicht, Juden als privilegiert darzustellen und sie gegen andere Bevölkerungsgruppen auszuspielen“, kritisierte Schuster. „Damit befördert er Antisemitismus, das ist ein Armutszeugnis.“ Es stelle sich die Frage, „ob Holger Stahlknecht weiter für das Amt des Innenministers geeignet ist“.
Kritik an Stahlknecht kommt auch von den Koalitionspartnern SPD und Grüne. Jeder Minister müsse sich kümmern, wenn die Personaldecke zu kurz sei, schrieb Katja Pähle, SPD-Fraktionschefin im Landtag und Spitzenkandidatin für die Landtagswahl, am Dienstag im Kurzbotschaftendienst Twitter. „Aber der Öffentlichkeit zu signalisieren, der Schutz jüdischer Einrichtungen verhindere andere Polizeiaufgaben – das ist unverantwortlich.“
Der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Fraktion im Landtag, Sebastian Striegel, twitterte, es sei „der grassierende Antisemitismus, der unser Land unsicher macht“ und nicht der Polizeischutz für jüdische Einrichtungen.
Die Linke forderte den Rücktritt von Stahlknecht. Schon kurz nach dem Anschlag auf die Synagoge in Halle vor einem Jahr hätten Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) und sein Innenminister vor allem eine Fehleranalyse der Behörden vermieden. „Dass der Innenminister jetzt auch noch aufrechnet, wie viel der Schutz von Minderheiten zu Lasten der Mehrheit kostet, bringt das Fass zum Überlaufen“, kritisierten die innenpolitische Sprecherin Henriette Quade und der religionspolitische Sprecher Wulf Gallert.
Rückendeckung erhielt Stahlknecht aus der CDU. Der Minister habe „klar gesagt, dass für ihn der Schutz jüdischer Einrichtungen oberste Priorität hat“, twitterte Sachsen-Anhalts CDU-Generalsekretär Sven Schulze.