Scheuer und Mautbetreiber widersprechen sich in entscheidenden Fragen

Symbolbild: Reichstag
Symbolbild: Reichstag

Im Untersuchungsausschuss zur gescheiterten Maut haben sich Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) und die Betreiberfirmen in zentralen Fragen widersprochen. Firmenvertreter sagten in der bis tief in die Nacht zum Freitag fortdauernden Marathonsitzung aus, sie hätten Scheuer bei einem Treffen im November 2018 angeboten, die Unterzeichnung der Mautverträge bis zum Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zu verschieben. Sie brachten Scheuer damit stark unter Druck. Der Minister wies die Darstellungen vehement zurück. 

Umstritten blieben auch die Gründe für die spätere Kündigung der Mautverträge durch das Verkehrsministerium. Die Opposition will nun ein Kreuzverhör durch das Bundestagsgremium beantragen.

Scheuer sagte als letzter von fünf Zeugen aus. Dabei wiederholte er frühere Aussagen gegenüber dem Bundestag, wonach es bei dem Treffen mit den Chefs der Betreiberfirmen CTS Eventim und Kapsch TrafficCom am 29. November 2018 „nach meiner Erinnerung“ kein Angebot über einen Aufschub der Vertragsunterzeichnung gegeben habe. 

Es habe auch „gar keine Veranlassung“ bestanden, über „eine solche Frage zu sprechen oder nachzudenken“, sagte Scheuer. In den damaligen Verhandlungen hätten beide Seiten noch weit auseinander gelegen. Zudem sei er Ende 2018 davon ausgegangen, dass Deutschland das EuGH-Verfahren zur Pkw-Maut gewinnen werde. Zugleich räumte Scheuer ein, er hätte die Gespräche rückblickend „besser nicht geführt“, dies hätte die „heutige Diskussion vermieden“.

Der frühere Staatssekretär im Verkehrsministerium, Gerhard Schulz, stützte Scheuer. Es habe nach seiner Erinnerung bei dem Treffen am 29. November 2018 „kein konkretes Angebot“ der Betreiber für einen Aufschub der Vertragsunterzeichnung gegeben. Vielmehr habe Scheuer bei dem Gespräch versucht, das Maut-Konsortium zur Abgabe eines neuen, günstigeren Angebots zu bewegen.

Ganz anders hatten sich zuvor die Mautbetreiber geäußert. Der Vorstandsvorsitzende von CTS Eventim, Klaus-Peter Schulenberg, sagte, er habe dem Minister bei dem Treffen im November 2018 eine Verschiebung der Vertragsunterzeichnung vorgeschlagen. Damit hätte Zeit für weitere Gespräche über die Finanzierung gewonnen und das Urteil des EuGH abgewartet werden können. Scheuer habe den Vorschlag abgelehnt.

Der Vorstandschef der österreichischen Betreiberfirma Kapsch TrafficCom, Georg Kapsch, bestätigte diese Schilderungen weitgehend. Bei dem damaligen Treffen mit Scheuer sei es vor allem um den hohen Preis für das Maut-Angebot der Betreiber gegangen, sagte er. Schulenberg habe Scheuer „das Angebot gemacht, wenn wir Zeit brauchen, dann können wir eigentlich gleich auf das EuGH-Urteil warten. Das hat der Minister abgelehnt.“

Der EuGH hatte die deutsche Pkw-Maut überraschend im Juni 2019 gekippt. Noch am selben Abend veranlasste Scheuer die Kündigung der Verträge mit den Betreibern. Das Ministerium begründete dies mit Mängeln bei der Projektumsetzung. Die Betreiber fordern eine Entschädigung von mehr als einer halben Milliarde Euro vom Bund.

Im Untersuchungsausschuss betonten sowohl Schulenberg als auch Kapsch, es habe keine Probleme gegeben. Dies bestätigte auch der Geschäftsführer der Maut-Gemeinschaftsfirma Autoticket, Volker Schneble. Vielmehr habe Scheuer nach dem Scheitern der Maut vor dem EuGH „spontan und politisch motiviert“ gehandelt, sagte Schneble. Scheuer sagte dagegen, es habe große Probleme bei der „Umsetzung und der Feinplanung“ gegeben.

Die Opposition kündigte angesichts der massiven Widersprüche an, die Zeugen in einer weiteren Ausschusssitzung in einer Gegenüberstellung befragen zu wollen. Zu dem Kreuzverhör solle auch Scheuer geladen werden, sagte FDP-Obmann Christian Jung. Der Antrag werde auch von Grünen und Linkspartei mitgetragen. Die nächste öffentliche Sitzung des Ausschusses ist für Januar geplant.

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