Nach dem Gerichtsurteil gegen den Teil-Lockdown für die Region Madrid hat die Zentralregierung mit der Verhängung des Notstands gedroht. Die konservative Regionalregierung von Madrid habe nun die Wahl, erklärte die Regierung des sozialistischen spanischen Ministerpräsidenten Pedro Sánchez am Donnerstagabend. Entweder sie setze die von dem Gericht gekippten Corona-Restriktionen selbst in Kraft oder über die Region Madrid werde der Notstand verhängt.
Am Freitag sollte dazu eine außerordentliche Sitzung von Sánchez‘ Kabinett stattfinden. Außerdem war ein Treffen zwischen Vertretern der Zentral- und der Regionalregierung geplant.
Mit rund 600 Infektionen pro 100.000 Einwohner im Durchschnitt in den vergangenen Wochen weist die Region Madrid die höchste Corona-Ansteckungsrate in ganz Spanien auf. Die landesweite Rate von mehr als 250 Ansteckungen pro 100.000 Einwohner ist wiederum die höchste in der EU.
Ein Regionalgericht hatte am Donnerstag die Abriegelung der Hauptstadtregion vom Rest des Landes aber außer Kraft gesetzt, weil die Beschränkungen die „Rechte und fundamentalen Freiheiten“ der betroffenen 4,5 Millionen Einwohner beeinträchtigten. Die konservative Regionalregierung von Madrid war gegen die Restriktionen vor Gericht gezogen, eine weitere Klage gegen den von der linksgerichteten Zentralregierung angeordneten und seit vergangenen Freitag geltenden Teil-Lockdown vor Spaniens Oberstem Gericht zog sie inzwischen zurück.
Madrids Regionalpräsidentin Isabel Díaz Ayuso erklärte, das Urteil des Regionalgerichts bestätige ihren Kurs. Dennoch rief sie die Menschen auf, „Madrid nicht zu verlassen und sich an die Gesundheitsrichtlinien zu halten“.
Die Verordnung war am Mittwoch vergangener Woche zwischen dem spanischen Gesundheitsministerium und den meisten von Spaniens 17 Regionen vereinbart worden, um Gegenden mit einer schnellen Ausbreitung des neuartigen Coronavirus vom Rest des Landes zu isolieren – für das Corona-Management sind in Spanien grundsätzlich die Regionen zuständig. Die Verordnung kam de facto aber nur in der Region Madrid mit ihren extrem hohen Infektionsraten zum Tragen.
Unter dem Teil-Lockdown durften die Bewohner der spanischen Hauptstadt und neun nahegelegener Gemeinden ihre Stadt nur noch zum Arbeiten, für die Schule oder aus medizinischen Gründen verlassen. Die Corona-Beschränkungen waren aber nicht wie im Frühjahr mit einer Ausgangssperre verbunden, die Madrilenen können also ihre Wohnungen jederzeit verlassen.
Ohne gerichtliche Bestätigung der Restriktionen kann die Polizei im Großraum Madrid bei Verstößen keine Bußgelder verhängen. Dies hatte sie in Erwartung des Urteils bisher schon nicht getan.