Der mit dem neuartigen Coronavirus infizierte US-Präsident Donald Trump hat das Militärkrankenhaus Walter Reed kurzzeitig verlassen, um sich seinen Anhängern vor der Klinik zu zeigen. Aus einem schwarzen Geländewagen heraus winkte Trump am Sonntag (Ortszeit) seinen Fans zu. Zuvor hatte der Präsident die „Patrioten“ auf der Straße in einem auf Twitter veröffentlichten Video gegrüßt. Gesundheitsexperten kritisierten Trumps Auftritt scharf.
Er wolle die „großartigen Patrioten“ überraschen, „die wir draußen auf der Straße haben“, sagte Trump in dem Video. Er habe „viel“ über Covid-19 gelernt, sagte der Präsident weiter. Was er durchmache, sei „die wahre Schule“ und eine „sehr interessante Sache“.
Kurz nach der Veröffentlichung des Videos verließ ein Präsidentenkonvoi das Krankenhaus. Aus einem gepanzerten SUV winkte Trump, der eine Atemschutzmakse trug, jubelnden Anhängern zu, die Flaggen schwenkten und Plakate mit dem Bild Trumps in die Höhe hielten. Wenige Minuten später wurde Trump zurück in die Klinik gebracht.
Mediziner zeigten sich entsetzt über Trumps Auftritt. Das Risiko einer Corona-Transmission in dem Auto sei hoch, sagte der Leiter des Bereichs Katastrophenmedizin an der George-Washington-Universität, James Philipps. Er sprach von einer „verblüffenden Verantwortungslosigkeit“.
Das Weiße Haus wies die Kritik zurück. Ein Sprecher sagte, es seien „angemessene“ Vorsichtsmaßnahmen getroffen worden, um sowohl Trump als auch seine Mitarbeiter zu schützen.
Mit dem wenige Minuten dauernden Auftritt wollte Trump offenbar auch Gerüchte zerstreuen, wonach sein Gesundheitszustand zwischenzeitlich deutlich schlechter war als vom Weißen Haus dargestellt. Trumps Leibarzt Sean Conley sagte am Sonntag, der Zustand des Präsidenten habe sich „weiter verbessert“. Womöglich könne der 74-Jährige bereits an diesem Montag aus dem Krankenhaus entlassen werden.
Zugleich räumte Conley ein, dass Trumps Sauerstoffwerte seit dem Auftreten der Symptome zweimal kurz gefallen seien. Auch sei Trump am Freitag mit zusätzlichem Sauerstoff versorgt worden. „Wie bei jeder Krankheit gibt es Höhen und Tiefen“, sagte Conley.
Zuvor hatte es aus Trumps Umfeld widersprüchliche Angaben zum Zustand des Präsidenten gegeben. Conley hatte bei einer Pressekonferenz am Samstag gesagt, Trump gehe es „sehr gut“. Stabschef Mark Meadows sagte dagegen kurz darauf, der Zustand des Präsidenten sei „besorgniserregend“ gewesen. Trump sei noch nicht auf einem eindeutigen Weg der Erholung.
In einem Interview mit dem Sender Fox News ruderte Meadows dann am Samstagabend zurück. Der Präsident habe seit Freitagmorgen „unglaubliche Fortschritte“ gemacht. Auch sei die Situation nie so gewesen, dass an eine Übertragung der Amtsgeschäfte von Trump auf seinen Vize Mike Pence gedacht worden sei.
Laut Conley erhält Trump das entzündungshemmende Steroid-Medikament Dexamethason, das zur Behandlung schwerer Corona-Fälle verwendet wird. Außerdem erhalte der 74-jährige Präsident weiterhin das Mittel Remdesivir, das die Replikation des neuartigen Coronavirus verhindert. Trump waren auch acht Gramm eines noch nicht zugelassenen Antikörper-Cocktails des US-Pharmakonzerns Regeneron verabreicht worden.
Der Mediziner Vin Gupta von der Washington University sah in der Medikamentenkombination einen Hinweis auf eine vergleichsweise schwere Erkrankung des Präsidenten. Die Mittel würden nicht verabreicht, wenn keine Corona-bedingte Lungenentzündung vorliege, twitterte er. Er forderte, dass Röntgenaufnahmen von Trumps Brustkorb öffentlich gemacht werden müssten.
Unterdessen fiel die Zustimmung für den Präsidenten auf ein neues Tief: Eine Umfrage für das „Wall Street Journal“ und den Sender NBC ergab für Trump eine Zustimmung von 39 Prozent, sein Herausforderer bei der Präsidentschaftswahl am 3. November, Joe Biden von den US-Demokraten, kam hingegen auf 53 Prozent.
Gleichzeitig wurde eine steigende Zahl von Infizierten im Umfeld des Präsidenten gemeldet, unter ihnen drei republikanische Senatoren, Trumps Wahlkampfmanager Bill Stepien und sein Wahlkampfberater Chris Christie, Trumps Ex-Beraterin Kellyanne Conway und die Vorsitzende der Republikanischen Partei, Ronna McDaniel.