Verfassungsgericht prüft Rolle des Bundestags bei EU-Kanada-Handelsabkommen

Bundestag in Berlin
Bundestag in Berlin

Mit den Aufgaben des Bundestags beim Handelsabkommen Ceta zwischen der EU und Kanada hat sich am Dienstag das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe beschäftigt. Mündlich verhandelt wurde über eine Klage der Linksfraktion dazu, ob der Bundestag mit einer Stellungnahme zu Ceta das Grundgesetz verletzte. Es gehe unter anderem darum, welche verfassungsrechtlichen Anforderungen an den Bundestag „im Rahmen seiner Integrationsverantwortung“ zu stellen seien, sagte Gerichtsvizepräsidentin Doris König. (Az. 2 BvE 4/16)

Ceta ist seit September 2017 vorläufig in Teilen in Kraft, aber noch nicht ratifiziert. Im September 2016, einen Monat vor der Verabschiedung des Abkommens im Europäischen Rat, beschloss der Bundestag auf Antrag von Unions- und SPD-Fraktion die fragliche Stellungnahme. Eine solche muss die Bundesregierung einholen, wenn sie auf europäischer Ebene verhandelt.

Der Bundestag hätte stattdessen aber ein Gesetz beschließen oder der Regierung deutlichere Grenzen setzen müssen, findet die Linke. Der Bevollmächtigte des Bundestags, Ulrich Hufeld, argumentierte dagegen, dass dies die Balance zwischen Politik- und Kontrollfunktion des Parlaments gestört hätte.

Die Linke will durchsetzen, dass Bundestag und EU-Parlament bei Ceta stärker einbezogen werden. Fraktionschefin Amira Mohamed Ali kritisierte vor Gericht, dass die in der Stellungnahme angekündigte „aktive und intensive Begleitung“ der vorläufigen Anwendung des Abkommens durch den Bundestag nicht stattfinde. Die Kompetenzfragen seien nicht geklärt, argumentierte der Bevollmächtigte der Antragstellerin, Andreas Fischer-Lescano. Beschlüsse der im Abkommen vorgesehenen ständigen Ausschüsse stellten eine völlig neue Form der Rechtsetzung dar.

Die parlamentarische Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium, Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU), verteidigte das Abkommen mit Kanada – einem Land, dass Deutschland in seinen Werten und Ansichten zu Demokratie und Rechtsstaat „ganz sicher sehr nahe“ stehe. Deutschland und die EU bräuchten offene Märkte, um Arbeitsplätze und Wohlstand zu sichern. Die Exporte nach Kanada hätten zugenommen, seit Ceta vorläufig in Kraft trat. 

Das Handelsabkommen regelt den Wegfall fast aller Zölle. Es gibt aber mehrere strittige Punkte vor allem zur Regelung von Konflikten zwischen Staaten und Investoren. Vollständig in Kraft treten kann Ceta erst, wenn alle EU-Mitgliedsstaaten das Abkommen ratifizierten. Deutschland wartet hierzu die Entscheidungen aus Karlsruhe ab, es sind mehrere Klagen anhängig. Die mündliche Verhandlung am Dienstag war am Bundesverfassungsgericht die erste seit Beginn der Corona-Pandemie. Das Urteil wird erst in einigen Monaten erwartet.

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