In den Verhandlungen mit Großbritannien über ein Handelsabkommen nach dem Brexit gibt es etwas Bewegung, ein Durchbruch ist aber noch nicht in Sicht. „Nach schwierigen Wochen“ gebe es „bessere Fortschritte“, sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Freitag. Es blieben aber mehrere „schwierige Themen“ und „noch einige Meter“ zu überwinden. Die Mitgliedstaaten forderten wegen des ungewissen Ausgangs, die Notfallplanungen zu verstärken.
Großbritannien war zum 1. Februar aus der EU ausgetreten. Bis Jahresende bleibt es aber noch im EU-Binnenmarkt und der Zollunion. Diese Übergangsphase wollten beide Seiten eigentlich nutzen, um ein Handelsabkommen zu vereinbaren. Die Gespräche kamen aber über Monate kaum voran.
Es gebe nun „greifbare Fortschritte“ in einigen Bereichen, aber weiter deutliche Differenzen in anderen, sagte auch ein EU-Diplomat nach der Information der Mitgliedstaaten über den Gesprächsstand. Es gebe „wachsende Besorgnis, dass der Verhandlungsprozess nicht schnell genug vorankommt, um bis zur Frist am Jahresende eine Ratifizierung eines möglichen Abkommens zu garantieren“.
Denn das voraussichtlich hunderte Seiten lange Handelsabkommen müsste zumindest noch vom Europaparlament gebilligt werden, um zum Jahreswechsel in Kraft zu treten. Dafür muss zudem die englische Originalfassung in alle anderen 23 Amtssprachen der EU übersetzt werden.
Hauptstreitpunkte sind seit Monaten faire Wettbewerbsbedingungen, die Kontrolle eines künftigen Abkommens und die Fangrechte für EU-Fischer in britischen Gewässern. Hier schrumpfe der Abstand zwischen beiden Seiten „nur langsam“, sagte der EU-Diplomat. „Dennoch ist die Hoffnung, dass die Verhandlungen schnell abgeschlossen werden können, wenn und sobald die notwendigen politischen Entscheidungen in London getroffen werden.“
Ein EU-Vertreter sprach von „etwas Bewegung“ in den umstrittenen Bereichen. Im Wettbewerbssektor seien aber die britischen Zugeständnisse beim Umgang mit Staatshilfen „nicht ausreichend“. Bei Fischerei habe sich nichts bewegt. Fortschritte habe es jüngst in den Bereichen Verkehr sowie Justiz- und Polizeizusammenarbeit gegeben.
Am Donnerstag hatten die Verhandlungen einen Rückschlag erlitten. Wegen eines Corona-Falls auf der EU-Seite mussten die Chefunterhändler beider Seiten ihre direkten Gespräche vorerst aussetzen. Die Verhandlungsteams arbeiten aber weiter. In der kommenden Woche sollen die Gespräche in London weitergehen.
Angesichts der unklaren Lage seien sich die EU-Staaten einig, „dass die Notfallplanung parallel vorangetrieben werden muss“, sagte der EU-Diplomat. „Die EU muss auf jedes mögliche Ergebnis vorbereitet sein.“
Der EU-Vertreter sagte, die Staats- und Regierungschefs hätten bei ihrer Video-Konferenz am Donnerstag gefordert, alle Dokumente zur Notfallplanung zu veröffentlichen. Die EU-Kommission sei aber der Meinung, dass dies in den laufenden Verhandlungen „nicht die richtige Botschaft“ sei.
Ohne Einigung würden im beiderseitigen Handel zum Jahreswechsel Zölle erhoben. Wirtschaftsverbände rechnen dann nicht nur mit massiven Staus an den Grenzen im Lieferverkehr, sondern auch mit Milliarden an Mehrkosten und Einnahmeausfällen.