Der „schwarze Freitag“, besser bekannt als „Black Friday“ als auch die Tage ringsherum haben sich binnen weniger Jahre auch bei uns zu der Rabattschlacht des Jahres entwickelt – frei von Kritik ist die Aktion jedoch keineswegs und die Trendwende ist ebenfalls schon eingeläutet.
30 Prozent Rabatt auf normalerweise sündhaft teure Reisekoffer. 50 Prozent auf Herrenmode, tausend-Euro-Saugroboter für 650 Euro. Diese Liste ließe sich noch lange fortführen, denn der Black Friday sowie der darauffolgende Cyber Monday gelten längst als gigantische Rabattaktionen. Doch während vor allem Onlinehändler und Schnäppchenjäger dem Tag bzw. den Tagen ringsherum entgegenfiebern, macht sich auch Kritik breit – vor allem in diesem Jahr.
Ein Trend mit Wurzeln – bloß nicht in Europa
Der letzte Freitag im November war für weite Teile der Welt bis vor wenigen Jahren nur das: Ein normaler Freitag; mitunter der letzte vor dem ersten Advent.
Warum er mittlerweile eine andere Bedeutung hat, liegt an den USA. Dort fällt Thanksgiving, das Erntedankfest, auf den letzten Novemberdonnerstag. Der anschließende Freitag wird traditionell als Brückentag genutzt. Die Wurzeln des Black Friday liegen eigentlich in dem Wunsch vieler Händler, zu dieser Gelegenheit ihre Regale leer zu bekommen, um sie anschließend mit weihnachtlichen Dingen zu füllen – in den USA startet zumindest traditionell der Weihnachtsverkauf erst nach Thanksgiving.
Doch wie so viele andere Trends (etwa Halloween) schwappte auch dieser „Feiertag“ über den Atlantik – hierzulande wurde erstmalig 2013 ein Black Friday nach ähnlichem Muster zelebriert; vor allem von (Online-)Händlern mit Verbindungen in die USA.
Mittlerweile ist weltweit daraus etwas entstanden, was auch schon zum Kern der Kritik vordringt: Ein Feiertag ohne regionale Wurzeln, der letztendlich nur dem übertriebenen Konsum dient; allein hierzulande vermelden vor allem Onlinehändler an diesem Tag Umsätze, die teilweise das Doppelte des Üblichen betragen. Daraus ergibt sich auch der erste von mehreren Kritikpunkten:
1. Konsum um des Konsums willen
Zumindest theoretisch ist der Black Friday eine praktische Institution; gibt er doch die Möglichkeit, sich mit vergünstigten Weihnachtsgeschenken einzudecken. Wer so handelt, also nur Dinge kauft, die er sowieso benötigt, macht alles richtig. Das Problem ist jedoch: Überproportional viele der enorm hohen Umsatzzahlen gehen auf rein opportunistische Käufe zurück.
Viele kaufen dann nicht, weil sie die Waren sowieso brauchen, sondern nur der Rabatte wegen. Für solche Personen wird der Spartag zum Gegenteil: sie geben Geld aus, das sie normalerweise nicht ausgeben würden. Es wird nur gekauft, weil vor den Preisen Prozentzeichen stehen.
Kritiker sehen darin in Ländern ohne Verbindung zum historischen Hintergedanken nur eine geschickte und äußerst wirkungsvolle Verkaufsmasche; ein psychologischer Trick. Das wird auch noch verschärft:
2. Es wird mehr gekauft als nötig
Wenn unsere Augen Prozentzeichen sehen, setzt der rationale Teil des Gehirns aus. So vereinfacht lässt sich das erklären, was Neurowissenschaftler längst wissen. Die Aussicht auf Rabatte stimuliert unser Belohnungssystem aufs Unwiderstehlichste. Ein weiteres Problem des Black Friday, das sämtliche Käufer betrifft.
Selbst diejenigen, die nur das kaufen, was sie brauchen, werden sehr oft von den zahllosen weiteren Angeboten dazu verführt, mehr in den Warenkorb zu legen. Befeuert wird dies vor allem online, wo auf einer Produktseite dann zig weitere Waren eingeblendet werden. Doch auch stationäre Händler wissen, wie sie weitere Waren in den Kundenfokus rücken können. Aus dem geplanten Vorgehen wird schnell ein unkontrollierter Kaufrausch.
3. Der Onlinehandel profitiert überproportional
Die Bilder vom US-Black Friday, bei dem sich riesige Menschenmassen in die Geschäfte ergießen, sobald die Gitter hochgefahren werden, sind durch die Nachrichten sattsam bekannt – die Rangeleien und teilweise Prügeleien ebenfalls.
Die Aussicht auf derartigen Stress schreckt viele ab. Dieses Jahr noch viel stärker – selbst wenn die meisten Geschäfte nicht von Lockdown-Maßnahmen betroffen sind, wollen sich nur die wenigsten einem derart überhöhten Infektionsrisiko aussetzen. In Frankreich führte das sogar dazu, dass der Black Friday dieses Jahr verschoben wird.
Auch in den vorherigen Jahren ließ sich das beobachten: Menschen nutzen den Black Friday verstärkt online. Und da vor allem bei den großen Händlern. Für die Kleinen und den stationären Handel fällt weniger ab. Den ganz großen Profit machen auch nur die Online-Megakonzerne. Und selbst die schneiden sich mit der Rabattschlacht allzu oft ins eigene Fleisch:
4. Black Friday Top, Weihnachtsgeschäft Flop
Man könnte meinen, dass eine solche Gelegenheit für den Einzelhandel nur Vorteile hätte. Stimmt jedoch nicht. Denn immer wieder beklagen Unternehmen, dass der Rabattkampf sich kräftig negativ aufs Weihnachtsgeschäft auswirkt. Menschen kaufen am Black Friday und den Aktionstagen ringsherum auf einen Schlag so viel, dass auf dem Konto Ebbe herrscht – bis Weihnachten halten sie sich dann zurück.
Insgesamt ist deshalb die Bilanz schlecht: Der Black Friday lässt die Umsätze vieler Unternehmen zwar nach oben schießen, durch die anschließend verringerten Weihnachtskäufe und das Zurückhalten vieler Kunden in den Wochen zuvor sind jedoch die Gesamtumsätze im letzten Quartal oft deutlich schlechter als früher.
Aus all diesen Gründen gibt es längst Unternehmen und Kunden, die sich vom schwarzen Freitag abwenden oder ihn anders angehen.
Trendwende für mehr Solidarität
Ein schönes Beispiel dafür, wie dieses Umdenken aussehen kann, liefert ein Unternehmen aus dem schwäbischen Backnang: Die Firma WIRmachenDRUCK.de, eine der beliebtesten Online-Druckereien in Europa, hat für dieses Jahr den Happy Friday ins Leben gerufen.
Anstatt der üblichen Rabatte geht die Firma einen anderen Weg: Fünf Prozent des Gesamtumsatzes an diesem Freitag sowie zusätzlich der gleiche Betrag aus den privaten Taschen der Firmengründer Johannes und Samuel Voetter werden dazu genutzt, Weihnachtspakete für Kinder in Not zu schnüren. Weitere Spender schliessen sich an: so legt das Management der PrintBrothers Group weitere 25.000 EUR dazu.
Neben kindlichen Geschenken füllt das Unternehmen die Pakete darüber hinaus noch aus dem eigenen Sortiment mit Schreibwaren, Hygieneartikeln und Kleidung. Über die Hilfsorganisation Hilfstransporte + Waisenhilfe e.V. werden diese Geschenke anschließend an ärmlich lebende Kinder in Ungarn und Rumänien verteilt. Schätzungsweise 10.000 Stück werden es sein – mindestens.
Einer der Firmengründer, Johannes Voetter dazu:
„Die typischen Rabattaktionen am Black Friday waren für uns und viele in unserem Team schon seit Jahren fragwürdig, vor allem aus moralischer Sicht. Die ganze Situation in diesem Jahr verstärkte diese Sichtweise nochmals. Es gibt einfach zu viele Menschen, die sich nicht einmal das Notwendigste leisten können; geschweige denn Smartphones, teure Bekleidung und dergleichen; für sie ist der Black Friday vor allem eine schmerzliche Erinnerung daran, was sie sich nicht kaufen können. Wir haben deshalb mit unserem Team gesprochen und gemeinsam überlegt, ob wir das nicht anders machen könnten – mit mehr sozialer Verantwortung, menschlicher Nähe statt nur Blick auf die Umsätze. Heraus kam das Projekt Happy Friday. Wir sammeln, wir geben, wir packen gemeinsam.
Samuel Voetter, ebenfalls Gründer und heute im Aufsichtsrat der Gesellschaft ergänzt:
„Vielleicht verlieren wir mit unserem diesjährigen Happy Friday einen Umsatzrekord, den andere Firmen an diesem Tag erleben. Das ist uns aber egal. Wir geben etwas von unserem Erfolg zurück. Das ist für uns alle im Team wichtiger als das letzte Nachkomma-Prozent Umsatzplus. Und ich glaube, dass wir vor allem in den kommenden Jahren mit dieser Idee nicht alleine bleiben werden.“
Womit die beiden Brüder nicht falsch liegen: Auch andere Unternehmen arbeiten unter Hashtags wie #WhiteFriday und #GivingTuesday immer häufiger nach dem Motto „Spenden statt Rabatt“. Vielleicht gelingt dadurch ja eine weitere Trendwende, durch die der komplette Black Friday umgekrempelt wird. Das wäre eine tatsächliche Win-Win-Situation für alle Beteiligten.