Mit dem großen Streitthema Fischerei haben Großbritannien und die EU am Sonntag ihre Verhandlungen über ein Handelsabkommen nach dem Brexit fortgesetzt. Die Fangrechte für EU-Fischer in britischen Gewässern seien ein noch ungeklärter „großer Streitpunkt“, sagte der britische Außenminister Dominic Raab. EU-Chefunterhändler Michel Barnier sagte vor dem erneuten Treffen mit seinem britischen Kollegen David Frost: Die „Arbeit geht weiter, sogar an einem Sonntag.“
Barnier hatte die Gespräche vergangene Woche unterbrechen müssen, weil es einen Corona-Fall in seinem Verhandlungsteam gab und er sich in Quarantäne begeben musste. Am Freitagabend fuhr der Franzose aber wieder nach London und kam am Samstag zu neuen Verhandlungen mit Frost zusammen. Diese wurden am Sonntag fortgesetzt.
Die Verhandlungen stehen unter großem Zeitdruck: Für einen Durchbruch bleiben nach Angaben von EU-Diplomaten nur noch wenige Tage. Ohne eine Einigung droht zum Jahreswechsel ein harter Bruch in den Wirtschaftsbeziehungen zwischen den EU-Staaten und dem Königreich.
Raab sagte am Sonntag im Sender Sky, „substanzielle“ Verhandlungen seien nur noch eine Woche lang möglich. Die Fischereirechten seien für Großbritannien eine „grundsätzliche Frage“. Nach dem Austritt aus der EU sei das Vereinigte Königreich ein „unabhängiger Küstenstaat“, betonte der Außenminister. „Und wir müssen in der Lage sein, unsere Gewässer zu kontrollieren“.
Großbritannien war zum 1. Februar aus der EU ausgetreten. Bis Jahresende bleibt es aber noch im EU-Binnenmarkt und der Zollunion. Diese Übergangsphase wollten beide Seiten eigentlich nutzen, um ein Handelsabkommen auszuhandeln.
Die Gespräche kommen aber seit Monaten kaum voran. Hauptstreitpunkte sind neben den Fangrechten für EU-Fischer nach wie vor faire Wettbewerbsbedingungen und die Kontrolle eines künftigen Abkommens.
Nach einer Einigung müsste ein Abkommen noch durch das Europaparlament genehmigt werden. Die Zeit dafür ist bereits jetzt äußerst knapp.
Ohne Einigung würden im beiderseitigen Handel zum Jahreswechsel Zölle erhoben. Wirtschaftsverbände rechnen dann nicht nur mit massiven Staus an den Grenzen im Lieferverkehr, sondern auch mit Milliarden an Mehrkosten und Einnahmeausfällen.