In Belarus ist am Dienstag das erste Atomkraftwerk ans Netz gegangen. Um 12.03 Uhr sei das Kraftwerk in Betrieb genommen worden, teilte das Energieministerium in Minsk im Messengerdienst Telegram mit. Die beiden Reaktoren in Ostrowez im Nordwesten des Landes wurden von russischen Ingenieuren entworfen und fast ausschließlich mit russischen Krediten finanziert.
Das neue Atomkraftwerk, das ein Drittel des belarussischen Energiebedarfs abdecken soll, liegt nur 40 Kilometer von der litauischen Hauptstadt Vilnius entfernt. Der litauische Energieminister Zygimantas Vaicunas erklärte, das neue Atomkraftwerk bedrohe die „nationale Sicherheit“ seines Landes. Die Kühltürme von Ostrowez sind von Vilnius aus zu sehen.
Die Inbetriebnahme des Akw erfolgte vor dem Hintergrund der Massenproteste gegen den belarussischen Staatschef Alexander Lukaschenko, die sich an der Präsidentenwahl vom 9. August entzündeten. Die Demonstranten prangern Wahlbetrug an und fordern den Rücktritt des seit 1994 autoritär regierenden Staatschefs.
Zahlreiche belarussische Bürger stehen zudem noch unter dem Eindruck der Katastrophe, die sich 1986 im ukrainischen Tschernobyl ereignete. Damals war ein Viertel der belarussischen Landesfläche verstrahlt worden, nachdem im Nachbarland der Reaktorblock 4 des Akw sowjetischer Bauart bei einem Sicherheitstest explodiert war.