Lokführergewerkschaft GDL will Einfluss bei der Bahn ausweiten

Claus Weselsky - Bild: Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL)
Claus Weselsky - Bild: Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL)

Nach der geplatzten Corona-Tarifschlichtung ist der Streit der Lokführergewerkschaft GDL mit Deutscher Bahn und Gewerkschaft EVG eskaliert. Die GDL kündigte am Donnerstag an, alle „systemrelevanten Berufsgruppen“ im deutschen Eisenbahnsystem vertreten zu wollen. „Wir werden die Tarifverträge der EVG verdrängen“, sagte Gewerkschaftschef Claus Weselsky in Dresden. Die Bahn wies den Vorwurf von Angriffen auf Eigenständigkeit und Existenz der Gewerkschaft entschieden zurück.

Die GDL werde sich nicht länger auf das Zugpersonal beschränken, sondern künftig „die vereinte Kraft der Eisenbahner abbilden“, kündigte Weselsky an. Bis zum Ende der derzeitigen Friedenspflicht Ende Februar werde seine Gewerkschaft genügend Mitglieder aus allen Bereichen des Bahnsystems und damit die nötige Mehrheit haben, um Tarifverträge der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) durch eigene Vorschläge zu ersetzen.

Sollten diese nicht angenommen werden, sei „alles offen“, betonte der GDL-Chef mit Blick auf mögliche Streiks. Arbeitskämpfe über Weihnachten jedenfalls müssen Reisende aber nicht fürchten.

Weselsky bezeichnete die EVG als „Hausgewerkschaft der DB“ und warf ihr Versagen bei der Vertretung der Bahnangestellten vor. Der Deutschen Bahn ist die GDL nach eigener Aussage „ein Dorn im Auge“ – der Konzern sei nur zu einem Grundsatztarifvertrag mit beiden Gewerkschaften bereit und wolle die GDL auf Basis des Tarifeinheitsgesetzes „eliminieren“. Dieses Gesetz sieht vor, dass im Grundsatz für eine Beschäftigtengruppe in einem Unternehmen nur der Tarifvertrag mit der mitgliederstärksten Gewerkschaft gilt.

Die Bahn wies die Angriffe der GDL als „haltlose Behauptungen“ entschieden zurück. „Statt in der größten Krise seit Bestehen der DB einen Beitrag zu leisten, lässt die GDL Beschäftigte und Unternehmen einmal mehr im Regen stehen“, erklärte eine Konzernsprecherin und betonte, im Grunde gehe es hier „um Organisationsmacht und den Kampf zweier Gewerkschaften“. Auch nach der erfolglosen Schlichtung zwischen Bahn und GDL sei weder deren Tarifautonomie gefährdet, noch die Zustimmung einer anderen Gewerkschaft nötig.

„Offensichtlich gerät die GDL in Panik. Herr Weselsky handelt nicht nur plan- und ziellos, sondern deutlich an der Realität vorbei“, erklärte ein EVG-Sprecher. „Mit weniger als 15.000 Mitgliedern ist er nicht durchsetzungsfähig.“ Der Sprecher betonte, die EVG sichere die Interessen aller Eisenbahner und biete „jeder Organisation, die das auch tut“, Zusammenarbeit an.

Während sich Bahn und EVG im September auf ein Corona-Tarifpaket geeinigt hatten, war ein Schlichtungsversuch zwischen Konzern und GDL in der vergangenen Woche in den GDL-Gremien gescheitert. Die Gewerkschaft hatte außerordentliche Tarifverhandlungen und Zugeständnisse der Lokführer in der Krise stets abgelehnt und Struktur- und Managementprobleme der Bahn scharf kritisiert. Weselsky betonte am Donnerstag, in die Schlichtung „gezwungen“ worden zu sein – der Bahn-Konzern wies das als Falschaussage zurück.

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