Maas übt deutliche Kritik an Truppenabzugsplänen der US-Regierung in Afghanistan

US-Militär - Bild: rjamartinez via Twenty20
US-Militär - Bild: rjamartinez via Twenty20

Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) hat die Regierung des abgewählten US-Präsidenten Donald Trump für den geplanten Truppenabzug aus Afghanistan scharf kritisiert. „Den Zeitplan für den Truppenabzug aus Afghanistan dürfen wir uns nicht von ablaufenden Amtszeiten oder den Wünschen der Taliban diktieren lassen“, schrieb Maas am Donnerstag im Onlinedienst Twitter. Richtschnur müssten die Entwicklung der Sicherheitslage und die Fortschritte im Friedensprozess zwischen der afghanischen Regierung und den radikalislamischen Taliban bleiben.

Maas warf der scheidenden US-Regierung vor, die Friedensverhandlungen mit den Taliban mit dem beschleunigten Truppenabzug aufs Spiel zu setzen. „Man muss wissen, was man damit in Gang setzt“, sagte Maas vor einer Video-Konferenz der EU-Außenminister. „Überstürzte Entscheidungen“ in Washington könnten dazu führen, dass der ohnehin nicht einfache Friedensprozess „sehr, sehr schnell ein Ende haben wird, und dazu darf es nicht kommen.“

Mit einem Scheitern der Friedensverhandlungen mache die US-Regierung auch eigene Erfolge in Afghanistan wieder zunichte, warnte Maas. „Es wäre fatal, wenn die scheidende US-Administration auf den letzten Metern ihre eigenen Erfolge in Afghanistan – nämlich den Start der Friedensverhandlungen – ohne Not wieder zunichte machen würde“, schrieb Maas bei Twitter. „All das, was wir in den letzten Jahren erreicht haben, wäre dann gefährdet.“

„Ich will nicht, dass wir unseren Soldatinnen und Soldaten und ihren Angehörigen irgendwann erklären müssen, dass sie umsonst ihr Leben eingesetzt oder gar geopfert haben“, fügte Maas hinzu. In Afghanistan ist seit Jahren auch die Bundeswehr im Einsatz.

Der geschäftsführende US-Verteidigungsminister Christopher Miller hatte am Dienstag den Abzug von rund 2000 der 4500 noch in Afghanistan stationierten US-Soldaten angekündigt. Die Truppenstärke soll demnach bis zum 15. Januar – fünf Tage vor dem Ende von Trumps Amtszeit und dem Amtsantritt seines Nachfolgers Joe Biden – auf 2500 US-Soldaten abgesenkt werden.

Trump dringt seit langem auf einen raschen Truppenabzug aus Afghanistan. Bei den Nato-Verbündeten stößt das auf große Sorgen. Befürchtet wird ein Wiedererstarken der Taliban oder ein Ausbreiten der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS). Die Taliban hatten die US-Ankündigung zum beschleunigten Truppenabzug begrüßt.

Bei der Video-Konferenz der EU-Außenminister am Donnerstag wird das Thema nach Angaben von Maas aber nicht im Mittelpunkt der Diskussion stehen. Am Freitag tagen auch die EU-Verteidigungsminister.

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