Nach Querdenken-Demo in Leipzig Krise in Sachsens schwarz-rot-grüner Koalition

Bild: glomex

Nach der eskalierten Kundgebung der sogenannten Querdenken-Bewegung in Leipzig knirscht es in Sachsens schwarz-rot-grüner Regierung. Der Landesvorsitzende der Grünen, Norman Volger, sprach am Dienstag in Dresden von einer „inneren Vertrauenskrise“ der Koalition. Der von Grünen und SPD scharf kritisierte Innenminister Roland Wöller (CDU) verteidigte erneut die Polizeistrategie. Unterdessen verschärfte Sachsen die Regeln für Versammlungen.

Die Grünen werfen Wöller Versagen beim Polizeieinsatz in Leipzig vor und fordern Konsequenzen. Auch die SPD kritisierte die Polizeistrategie und den Innenminister.

Wöller verurteilte die Gewalttaten von Rechtsextremen beim Querdenken-Aufzug in Leipzig, sprach am Dienstag in Dresden aber weiterhin von einem „überwiegend friedlichen Versammlungsgeschehen“. Er verteidigte erneut die Polizeistrategie. Ein gewaltsames Vorgehen gegen Gewalttäter sei angesichts der Senioren und Kinder in den Reihen der Demonstranten „keine Option“ gewesen.

Zugleich bekräftigte Wöller seine Kritik am Oberverwaltungsgericht Bautzen, das die Demonstration in der Leipziger Innenstadt kurzfristig erlaubt hatte. Die Frage nach Rücktrittsforderungen von den Linken und auch aus den Reihen der Koalitionspartner wollte Wöller nicht kommentieren. Die Ereignisse würden nun aufgearbeitet und Schlussfolgerungen gezogen, sagte er.

Am Samstag hatte es bei der Kundgebung der Querdenken-Bewegung mit rund 20.000 Teilnehmern zahlreiche Verstöße gegen die Corona-Auflagen gegeben. Es kam zu gewalttätigen Auseinandersetzungen, nachdem die Polizei die Demonstration wegen der Verstöße vorzeitig aufgelöst hatte. 

Nach Angaben von Landespolizeipräsident Horst Kretzschmar wurden bei der Demonstration 122 Straftaten registriert, unter anderem Körperverletzung und Landfriedensbruch. 31 Polizeibeamte seien leicht verletzt worden. Zudem seien 144 Ordnungswidrigkeiten wegen Verstoßes gegen Corona-Regeln festgestellt worden.

„Dieses Land braucht eine politische Fehlerkultur und kein Ablenken oder Trotzreaktionen“, erklärte Volger mit Blick auf den Koalitionspartner CDU. Gerade von der CDU seien nach 30 Jahren Regierungsverantwortung „Ehrlichkeit und Miteinander bei solchen Krisensituationen“ zu erwarten.

Die Grünen forderten die Spitzen der Koalitionsparteien zu einem klärenden Gespräch auf. Nicht nur das Vertrauen in der Koalition sei „beschädigt“, sagte Volger. Auch das Vertrauen der Bürger in die Handlungsfähigkeit der Sicherheitsbehörden gegenüber Gewaltbereiten und Rechtsextremen sei „zum wiederholten Male erschüttert und die Fähigkeit zur Durchsetzung von Infektionsschutzmaßnahmen zur Eindämmung der Pandemie infrage gestellt“ worden.

Der Wirtschaftsminister und SPD-Landeschef Martin Dulig sagte mit Blick auf Wöller, es gehe nun „nicht um einzelne Köpfe“. Es müsse aber den Willen zu einer vernünftigen Fehlerkultur und Konsequenzen geben. Auch Dulig sprach von einer erheblichen „Belastung“ der Koalition. CDU-Generalsekretär Alexander Dierks appellierte an die Koalitionspartner, „gemeinsam Verantwortung“ zu übernehmen.

Die Ereignisse in Leipzig sind auch Thema im Innenausschuss und Rechtsausschuss des sächsischen Landtags. Für Donnerstag wurde auf Antrag von CDU, Grünen, SPD und Linken eine Sondersitzung einberufen.

Als Konsequenz aus den Ereignissen in Leipzig wird zudem die sächsischen Corona-Verordnung nachgeschärft. Versammlungen mit mehr als tausend Teilnehmern sind künftig nur möglich, wenn weitere Maßnahmen getroffen werden, um den Infektionsschutz zu gewährleisten. Die Entscheidung darüber obliege den zuständigen Versammlungsbehörden, sagte Wöller.

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