Zehn Jahre nach dem Skandal um minderwertige Brustimplantate des französischen Herstellers PIP wird der Prozess gegen den TÜV Rheinland neu aufgerollt: Das Pariser Berufungsgericht befasst sich seit Dienstag mit der Frage, ob die deutsche Prüfstelle eine Mitverantwortung trägt. Die Vorinstanz hatte den TÜV freigesprochen.
Die Anwälte des TÜV argumentierten am Dienstag, die Prüfstelle sei ebenso wie die nationalen Gesundheitsbehörden von PIP-Gründer Jean-Claude Mas getäuscht worden. Der inzwischen verstorbene Unternehmenschef war wegen Betrugs zu vier Jahren Haft verurteilt worden. Der Anwalt Laurent Gaudon, der französische Geschädigte des Skandals vertritt, erklärte, der der TÜV sei ohne Zweifel auch „ein Opfer des Betrugs“, er hätte die Vertuschung der Mängel aber entdecken müssen.
In dem PIP-Skandal trugen rund 400.000 Frauen gesundheitliche Schäden davon, auch in Deutschland waren tausende betroffen. Im Jahr 2010 hatte die französische Behörde für Medikamentensicherheit (ANSM) festgestellt, dass die PIP-Brustimplantate überdurchschnittlich oft rissen und nur mit billigem Industrie-Silikon gefüllt waren. Von 2001 bis 2010 hatte PIP weltweit rund eine Million dieser minderwertigen Implantate verkauft.
2013 verurteilte ein Gericht im südfranzössichen Toulon den TÜV Rheinland wegen Vernachlässigung seiner Kontroll- und Aufsichtspflichten, sechs Vertreiber der PIP-Implantate mit 5,8 Millionen Euro zu entschädigen. Zwei Jahre später wurde der TÜV im Berufungsverfahren aber freigesprochen. Das französische Kassationsgericht hob dieses Urteil 2018 auf und verwies den Fall an das Pariser Berufungsgericht.