Spahn wirbt im Bundestag für neues Infektionsschutzgesetz

Jens Spahn - Bild: Achim Melde/Bundestag
Jens Spahn - Bild: Achim Melde/Bundestag

Vor dem Hintergrund eines neuen Rekordstands bei den Corona-Neuinfektionen hat der Bundestag über die geplante Neufassung des Pandemieschutz-Gesetzes debattiert. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) warb am Freitag vor den Abgeordneten um Verständnis für die pandemiebedingten Einschränkungen: „Das war und ist eine bittere Medizin, aber die Medizin hat gewirkt.“ Grüne, FDP und Linke forderten eine stärkere parlamentarische Kontrolle der Maßnahmen. Grundsätzliche Kritik äußerte die AfD, welche die Corona-Einschränkungen als „absurd“ bezeichnete.

Anlass der Bundestagsdebatte war die Einbringung der Neufassung des Infektionsschutzgesetzes. „Wir sind dem Virus nicht machtlos ausgeliefert“, sagte Minister Spahn, aus dessen Haus die Vorlage stammt. Das überarbeitete Gesetz solle eine „rechtliche Klarstellung“ sicherstellen, damit die von den Ländern verhängten Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie künftig besser vor den Gerichten Bestand haben. 

Angesichts des exponentiellen Wachstums der Infektionszahlen sei es „wichtig, dass wir schnell reagieren können – deswegen dieser Gesetzentwurf“, sagte Spahn. Die Zahl der täglich verzeichneten Neuinfektionen mit dem Coronavirus in Deutschland hatte zuvor erstmals die Schwelle von 20.000 Fällen überschritten: Das Robert-Koch-Institut (RKI) meldete am Morgen 21.506 neue Ansteckungsfälle innerhalb eines Tages.

Die Oppositionsfraktionen FDP, Grüne und Linke zogen in der Debatte nicht grundsätzlich den Sinn von Corona-Einschränkungen in Zweifel – sie kritisierten aber die Gesetzesvorlage der Regierung. Diese sei „ein rechtspolitisches Feigenblatt, um bereits getroffene Entscheidungen nachträglich zu legitimieren“, monierte etwa FDP-Chef Christian Lindner.

Die Grünen-Abgeordnete Manuela Rottmann sagte: „Wir ziehen die Erforderlichkeit der drastischen Reduktion der Kontakte nicht in Zweifel.“ Die Vorlage aus Spahns Ministerium komme aber viel zu spät. Zudem seien die Rechte des Parlaments auch in der Neufassung des Gesetzes nicht ausreichend geregelt.

Ähnlich argumentierte die Linken-Abgeordnete Susanne Ferschl. „Wir brauchen mehr demokratische Kontrolle gerade in der Pandemie.“ Dass die Einschränkungen in vertraulichen Runden zwischen der Bundeskanzlerin und den Ministerpräsidenten ausgehandelt würden, lasse „die Akzeptanz der Bevölkerung schwinden“.

Auch die SPD-Abgeordnete Bärbel Bas äußerte den Wunsch nach einer stärkeren Parlamentsbeteiligung. Darüber wolle sie mit dem Koalitionspartner Union sprechen, sagte sie. Nach bisheriger Planung soll das Gesetz bis Mitte November von Bundestag und Bundesrat endgültig verabschiedet werden.

Prinzipielle Kritik an den Corona-Einschränkungen äußerte die AfD. Die Neufassung des Gesetzes „rechtfertigt beispiellose Einschränkungen der persönlichen Freiheit“, sagte der Abgeordnete Detlev Spangenberg. „Der gesellschaftliche Druck hat inzwischen Formen angenommen, die eines demokratischen Rechtsstaats unwürdig sind.“ 

Das Gesetz benennt eine Reihe konkreter möglicher Schutzmaßnahmen wie etwa Kontaktbeschränkungen, Maskenpflicht oder die Schließung von Restaurants, die beim Erreichen bestimmter Schwellenwerte verhängt werden sollen. Neu geregelt wird in dem Gesetz auch der Anspruch auf Verdienstausfall bei Quarantäne. Künftig soll dieser ausgeschlossen sein, wenn der Quarantäne eine vermeidbare Reise in ein Risikogebiet zugrunde liegt. 

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