In einer Pandemie mit „diffusem Infektionsgeschehen“ kann es sachliche Gründe für Ungleichbehandlungen geben. Mit dieser Begründung hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim am Freitag sechs Eilanträge von Betrieben gegen die Schließung wegen der neuen Corona-Verordnung des Landes abgelehnt. Das Gericht machte aber deutlich, dass noch offen sei, ob die Landesregierung solche Differenzierungen vornehmen dürfe. (Az. 1 S 3382/20 u.a.)
Geklagt hatten ein Restaurant, ein Hotel mit Sauna, Schwimmbad und Restaurant, ein Bistro, ein Fitnessstudio, ein Kosmetikstudio und ein Konzertveranstalter. Sie müssen wegen der seit dem 2. November geltenden Coronaverordnung der Landesregierung vorübergehend schließen, während andere Branchen wie etwa der Einzelhandel geöffnet bleiben.
Im Eilverfahren blieb allerdings offen, ob die Regierung die unterschiedliche Behandlung verschiedener Branchen, „für die es keine rein infektionsschutzrechtlichen Gründe“ gebe, überhaupt entscheiden darf – oder ob dies dem Parlament als Gesetzgeber vorbehalten ist. Diese Frage stellt sich dem Gericht zufolge umso dringlicher, wenn die Landesregierung Ungleichbehandlungen zu einem Zeitpunkt vornehme, zu dem die Bevölkerung bereits längere Zeit „erheblichen Grundrechtseingriffen zur Bekämpfung einer Pandemie ausgesetzt“ sei.
Grundsätzlich müsse sich die Landesregierung am Infektionsschutz ausrichten. Aber auch überragend wichtige Gründe des Gemeinwohls könnten eine solche Ungleichbehandlung rechtfertigen, beispielsweise wenn Lebensmittelmärkte zur Grundversorgung bevorzugt öffnen dürften. So habe die Landesregierung allerdings nicht differenziert und auch nicht streng nach Infektionsschutz – was beispielsweise dazu führe, dass der Einzelhandel „bei möglicherweise vergleichbaren infektionsschutzrechtlichen Gefährdungslagen“ wie die Antragsteller nicht schließen müsse.
Dennoch sei der Eingriff in das Grundrecht auf Berufsfreiheit wegen der von der Bundesregierung beschlossenen Entschädigungen voraussichtlich verhältnismäßig. Die gravierenden Folgen für Leib und Leben vieler an Covid-19 Erkrankter und die Erhaltung der Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems seien hier stärker zu gewichten.
Beim VGH Baden-Württemberg sind etwa 30 Verfahren zur neuen Corona-Verordnung eingegangen, darunter vor allem Eilanträge. Bislang wurden alle abgelehnt. Mitte Oktober hatte das Gericht das Beherbergungsverbot der damaligen baden-württembergischen Coronaverordnung gekippt.