WHO-Generalsekretär Tedros Adhanom Ghebreyesus hat vor einer Ermüdung im Kampf gegen die Corona-Pandemie gewarnt. Die Menschen seien vielleicht des Virus „müde“, doch das kümmere das Virus nicht, sagte Tedros am Montag zu Beginn der virtuellen Jahrestagung der Weltgesundheitsorganisation. „Wir können weder mit ihm verhandeln, noch unsere Augen verschließen und hoffen, dass es verschwindet“, fügte er hinzu.
Das Virus ignoriere „politische Rhetorik und Verschwörungstheorien“, sagte Tedros weiter. Hoffnung auf einen erfolgreichen Kampf gäben nur „Wissenschaft und Solidarität“.
Nach den Worten des WHO-Generalsekretärs hat die Pandemie der Welt gezeigt, wie wichtig eine Rückbesinnung auf „gemeinsame Ziele“ sei. Dieser Gemeinsinn sei in den vergangenen Jahren durch „fehlgeleiteten Nationalismus und Isolationismus“ ausgehöhlt worden, fügte er hinzu.
Er bezog sich auch auf den bitteren Konflikt mit US-Präsident Donald Trump, der im Juni die Zusammenarbeit der USA mit der WHO aufgekündigt hatte. Trumps künftiger Nachfolger Joe Biden hatte bereits angekündigt, die Entscheidung wieder rückgängig zu machen. Tedros sagte nun, er freue sich auf die künftige „enge Zusammenarbeit“ mit Biden, seiner künftigen Vizepräsidentin Kamala Harris und deren Regierung.
Die sogenannte Weltgesundheitsversammlung der mehr als 190 WHO-Mitgliedsstaaten war im Mai aufgrund der Corona-Pandemie verkürzt worden, nun wurde sie virtuell wieder aufgenommen. Beherrschende Themen der bis zum 14. November dauernden Tagung dürften neben der Corona-Pandemie die globalen Impfkampagnen sein. Zudem dürften über Forderungen nach einer Reform der WHO beraten werden, die sie transparenter und effektiver machen sollte.
Überschattet wurde die Tagung von Protesten Taiwans gegen seinen Ausschluss. Dass es erneut keine Einladung erhalten habe, sei das Ergebnis „politischer Überlegungen“, erklärte das taiwanische Außenministerium am Montag. Es warf China vor, die Teilnahme Taiwans „blockiert“ zu haben. Angesichts des Ziels der WHO, „Gesundheit für alle“ zu erreichen, sei der Ausschluss inmitten der Corona-Pandemie eine „Ironie“, fügte das Außenministerium hinzu.
Taiwan konnte zwischen 2009 und 2016 unter dem Namen Chinesisches Taipeh als Beobachter an den jährlichen Versammlungen teilnehmen. Doch seit der Wahl von Präsidentin und Unabhängigkeitsbefürworterin Tsai Ing-wen im Jahr 2016 blockiert Peking die Teilnahme der Insel. Peking betrachtet Taiwan als abtrünnige Provinz, die wieder mit der Volksrepublik vereinigt werden soll – notfalls auch mit militärischer Gewalt.
Eine wachsende Zahl von Ländern und Organisationen forderte zuletzt, Taiwan seinen Beobachterstatuts bei der diesjährigen Versammlung zurückzugeben – auch, weil das Land bei der Bekämpfung des Coronavirus beachtliche Erfolge erzielt.
Seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie Ende vergangenen Jahres wurden weltweit bereits mehr als 50 Millionen Infektionen nachgewiesen, mehr als 1,25 Millionen Ansteckungen endeten tödlich.