Deutsche Justiz stellt Ermittlungen gegen mutmaßlichen früheren KZ-Wachmann ein

Justitia (über cozmo news)
Justitia (über cozmo news)

Die deutsche Justiz hat ihre Ermittlungen gegen einen in den USA von einer Abschiebung bedrohten früheren deutschen Soldaten wegen Beteiligung an NS-Verbrechen eingestellt. Dem heute 95-Jährigen sei eine eventuelle Beihilfe zum Mord wegen fehlender Beweismittel nicht mehr nachweisbar, erklärte die Generalstaatsanwaltschaft im niedersächsischen Celle am Donnerstag. Die Ermittlungen gegen den Mann würden daher mangels hinreichenden Tatverdachts beendet.

In dem Fall geht es um einen ehemaligen deutschen Marinesoldaten, der in den letzten Kriegsmonaten zur Bewachung von Außenlagern des Konzentrationslagers Neuengamme nahe der Stadt Meppen im Emsland zur SS abgestellt wurde. In den Lagern waren Zwangsarbeiter untergebracht, die militärische Verteidigungsanlagen errichten mussten. Bei Herannahen der Front ab Ende März zwang die SS die entkräfteten Gefangenen zudem auf tödliche Evakuierungsmärsche.

Nach Erkenntnissen der deutschen Ermittler starben in den Lagern und bei den Evakuierungsmärschen zwischen Ende Dezember 1944 und Ende März 1945 etwa 380 Gefangene, wobei konkrete vorsätzliche Tötungen nur vereinzelt dokumentiert wurden. Um regelrechte Todes- oder Vernichtungslager nach dem Muster von Massenmordanlagen wie Auschwitz handelte es sich bei den Meppener Außenlagern allerdings nicht, was für die juristische Bewertung von großer Bedeutung ist.

Der Beschuldigte, der seit 1959 in den USA lebt, räumte im Rahmen seines Verfahrens in den USA ein, 1945 für einige Wochen Gefangene im Raum Meppen bewacht zu haben. Er habe aber keine Misshandlungen beobachtet und keine Evakuierungsmärsche begleitet.

Nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft sind ihm diese Angaben nicht zu widerlegen. Überlebende KZ-Häftlinge, die als Zeugen in Frage kämen, seien nicht bekannt. Aus den erhaltenen Dokumenten ergäben sich keine weiteren Erkenntnisse, auch die Ermittlungen der US-Justiz hätten keine Hinweise auf eine Beteiligung an einer konkreten Tötung erbracht. Weitere Beweismittel existierten nicht.

Eine Strafverfolgung wegen NS-Verbrechen ist in Deutschland nur noch wegen Mordes oder Beihilfe dazu möglich, andere denkbare Vorwürfe wie Freiheitsberaubung oder Körperverletzung sind verjährt. Der Wachdienst in einem NS-Konzentrationslager allein reicht nicht aus. Nur bei Todes- und Vernichtungslagern, deren Zweck die systematische Tötung sämtlicher Gefangener war, gilt nach deutschen Rechtsprechung bereits die Zugehörigkeit zur Wachmannschaft auch ohne konkretere Tatnachweise als Mordbeihilfe.

Entlang dieser Linie fällten deutsche Gericht zuletzt mehrere Urteile gegen frühere SS-Wachmänner, der Bundesgerichtshof bestätigte diese Praxis höchstrichterlich. Die Urteile betrafen aber Einsätze in den Vernichtungslagern Auschwitz-Birkenau und Stutthof. Die Angeklagten wurden dabei jeweils wegen Beihilfe zu Mord in tausenden Fällen zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt.

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