EU-Parlament will Gipfel-Deal mit Ungarn und Polen scharf kritisieren

Symbolbild: Europäische Union
Symbolbild: Europäische Union

Das Europaparlament will die Gipfel-Einigung zum Haushaltsstreit mit Ungarn und Polen scharf kritisieren. Die von den Staats- und Regierungschefs verabschiedete Erklärung zur geplanten Kürzung von EU-Geldern bei Rechtsstaatsverstößen sei „überflüssig“ und nicht bindend, heißt es nach AFP-Informationen vom Dienstag im Entwurf einer Resolution, die von vier Fraktionen unterstützt wird.

Polen und Ungarn stehen seit Jahren in der EU wegen rechtsstaatlicher Verfehlungen am Pranger. Sie hatten sich heftig gegen die Einführung des Rechtsstaatsmechanismus gewehrt. Über Wochen verweigerten sie deshalb ihre Zustimmung zu einem 1,8 Billionen Euro schweren Finanzpaket aus dem EU-Haushaltsrahmen für die kommenden sieben Jahre und dem Corona-Hilfsfonds.

Gelöst wurde die Blockade beim Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs vergangene Woche durch einen vom deutschen EU-Vorsitz ausgehandelten Kompromiss. In einer erläuternden Erklärung wird Warschau und Budapest unter anderem zugesichert, dass zunächst keine Kürzungen von EU-Geldern erfolgen, wenn sie Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) gegen die Regelung einreichen. 

Solche Verfahren dauern dort im Schnitt 18 Monate. Nach dem Gipfel-Kompromiss würden Ungarn und Polen damit vor 2022 keine Sanktionen drohen.

„Eine politische Erklärung des Europäischen Rates kann nicht als Auslegung von Rechtsvorschriften angesehen werden“, heißt es in dem Resolutionsentwurf des Parlaments, der von Konservativen, Sozialdemokraten, Liberalen und Grünen mitgetragen wird. Gipfel-Schlussfolgerungen könnten „für die Kommission bei der Anwendung von Rechtsakten nicht verbindlich gemacht werden“.

Ungarn und Polen hatten dagegen nach dem Gipfel erklärt, die dort verabschiedete Erklärung stehe über dem Rechtsstaatsmechanismus. „Schlussfolgerungen des europäischen Rates können nur durch einstimmigen Beschluss geändert werden“, sagte der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban. „Deshalb ist dies das stärkste Instrument der EU.“

Die EU-Kommission hat bereits klargestellt, dass sie die Rechtsstaatsregelung ab dem 1. Januar 2021 anwenden wird. Demnach würden Verfahren auch rückwirkend eingeleitet, nachdem der Europäische Gerichtshof über die erwarteten Klagen aus Ungarn und Polen entschieden hat.

Das Parlament soll am Mittwoch über die geplante Resolution abstimmmen. Ein Ergebnis wird am Donnerstag erwartet.

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