Bundesregierung senkt Wachstumsprognose für 2021 auf drei Prozent ab

Peter Altmaier - Bild: John Macdougall/Pool via REUTERS/File Photo

Die konjunkturelle Erholung von der Corona-Rezession wird für die deutsche Wirtschaft mühsamer als noch im Herbst angenommen. Nach dem Einbruch des Bruttoinlandsproduktes (BIP) um 5,0 Prozent im vergangenen Jahr erwartet die Bundesregierung für 2021 nun ein Wachstum von 3,0 Prozent, wie Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) am Mittwoch zur Vorstellung des Jahreswirtschaftsberichtes sagte. In ihrer Herbstprojektion war die Bundesregierung noch von einem BIP-Plus von 4,4 Prozent ausgegangen. 

Der Aufschwung gehe 2021 weiter, „wenn auch mit weniger Dynamik“, sagte Altmaier. Dabei sei davon auszugehen, dass die Wirtschaft im ersten Quartal noch „deutlich durch die Pandemie beeinträchtigt“ sein werde, fügte er hinzu und verwies darauf, dass die Lage angesichts hoher Infektionszahlen weiter ernst und die Gefahr durch die Virus-Mutante noch nicht ausgestanden sei.

Zugleich heißt es im Jahreswirtschaftsbericht, den das Kabinett am Mittwoch einstimmig beschloss, dass die Konjunktur wieder Fahrt aufnehmen dürfte, wenn sich durch die „Impfung größerer Bevölkerungsgruppen“ und die „Rücknahme der Einschränkungen des öffentlichen Lebens“ die Lage stabilisiere.

Altmaier sagte, er gehe davon aus, dass sich nach dem Ende des Lockdowns viele Bereiche wieder rasch erholen könnten. Nach den Worten des Ministers gibt es dabei aber große Unterschiede zwischen den Branchen. So stehe einer „robusten“ Industrie ein durch die Pandemie stark betroffener Dienstleistungssektor gegenüber.

Die Regierung rechnet im Jahresdurchschnitt zudem mit einer Stagnation der Erwerbstätigkeit und einer leicht geringeren Arbeitslosenquote von 5,8 Prozent. Die Zahl der Beschäftigten dürfte durchschnittlich 44,8 Millionen betragen, wie Altmaier ausführte.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) betonte, dass Deutschland mit Blick auf die anderen großen europäischen Volkswirtschaften „vergleichsweise gut“ durch die Krise komme. „Jetzt müssen wir alle an einem Strang ziehen, um das Virus einzudämmen“, erklärte er. „Dazu gehört auch, dass wir weiter vorankommen mit den Impfungen.“

Fortschritte bei der Eindämmung der Pandemie sieht auch die Opposition als zentral an. „Insbesondere der erneute Lockdown hat viele Unternehmen schwer geschädigt“, erklärten die stellvertretende Grünen-Fraktionsvorsitzende Anja Hajduk und die wirtschaftspolitische Sprecherin Katharina Dröge. Entscheidend sei für die Wirtschaft nun Planbarkeit. Allerdings habe es die Bundesregierung auch fast ein Jahr nach Ausbruch der Pandemie nicht geschafft, einen klaren Stufenplan dazu vorzulegen, „bei welchem Infektionsgeschehen welche Maßnahmen greifen und welche Hilfen die Wirtschaft erwarten kann“, kritisierten sie.

Linkenfraktionsvize Fabio de Masi kritisierte, jede Woche Lockdown koste „rund 2,5 Milliarden Euro“. Nötig sei nun auch, die Schuldenbremse durch eine „investitionsorientierte Goldene Regel“ zu ersetzen, die Kredite im Umfang der Investitionen ermögliche.

FDP-Fraktionsvize Christian Dürr forderte hingegen, Altmaier solle sich für „breite Entlastungen“ stark machen, damit Unternehmen und Beschäftigte mehr finanziellen Spielraum bekämen. „Nur so schaffen wir kräftiges Wachstum“, sagte er der Nachrichtenagentur AFP. 

Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) mahnte, die langfristige Perspektive für die Entwicklung des Standortes Deutschland nicht aus dem Blick zu verlieren. Spürbare Entlastung bräuchten die Betriebe unter anderem bei den Bürokratiepflichten. Bislang hätten zudem zu wenige Betriebe, die von der Pandemie stark betroffen sind, die angekündigten Hilfsgelder erhalten.

Der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Steffen Kampeter sprach sich für eine Begrenzung von Steuer- und Sozialabgaben aus. „Was wir jetzt brauchen, ist eine Debatte über eine Post-Corona-Strategie – dazu zählt vor allem ein Fahrplan, mit dem wir den Wirtschaftsstandort Deutschland wieder fit machen“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) verwies darauf, dass Milliardeninvestitionen der Energiebranche ein „wichtiger Wachstumsmotor für die gesamte Volkswirtschaft“ seien und sich Investitionen in die Energiewende somit „doppelt“ lohnten.

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