Corona-Pandemie schlägt zunehmend auf Arbeitsmarkt durch

Bundesagentur für Arbeit, Nürnberg (über BA)
Bundesagentur für Arbeit, Nürnberg (über BA)

Die Corona-Pandemie macht sich zunehmend auf dem deutschen Arbeitsmarkt bemerkbar –  vor allem die Langzeitarbeitslosigkeit steigt. Wie die Bundesagentur für Arbeit (BA) am Freitag mitteilte, waren im Januar fast eine halbe Million Menschen mehr arbeitslos als im Januar 2020. Nach Einschätzung der Bundesregierung zeigt sich der Arbeitsmarkt insgesamt aber weiter „robust“. Linke und Grüne mahnten hingegen deutlich größere Anstrengungen an.

Insgesamt waren im Januar 2,9 Millionen Menschen in Deutschland arbeitslos, das waren 193.000 mehr als im Dezember. Ein Anstieg ist saisonal wegen des Winters aber üblich. 

Im Vergleich zum Januar 2020 lag die Arbeitslosenzahl allerdings wegen der Corona-Krise deutlich um 475.000 Menschen höher. „Das ist eine signifikant große Zahl“, sagte BA-Chef Detlef Scheele. Die Arbeitslosenquote stieg im Vergleich zum Dezember um 0,4 Prozentpunkte auf 6,3 Prozent.

Scheele sagte, es sei „ausgesprochen schwierig“ für jetzt arbeitslos werdende Menschen wieder einen Job zu finden. Besondere Probleme haben laut BA Menschen mit geringer Qualifikation. Denn neben dem Anstieg der regulären Arbeitslosenzahl sei auch die Zahl der Minijobber binnen eines Jahres um eine halbe Million eingebrochen – Minijobber tauchen in der Arbeitsmarktstatistik nicht gesondert auf. 

Scheele verwies zudem auf den wieder deutlichen Anstieg der Kurzarbeit. In den Monaten November, Dezember und Januar sei zusammen mehr Kurzarbeit angemeldet worden als in der gesamten Finanzmarktkrise vor gut zehn Jahren. Alleine im Januar hätten 77.000 Betriebe für 745.000 Beschäftigte neu Kurzarbeit angemeldet. 

Nach vorläufig hochgerechneten Daten sei im November für 2,26 Millionen Arbeitnehmer Kurzarbeitergeld ausgezahlt worden. Nach dem bisherigen Höchststand im April mit knapp sechs Millionen Beziehern hatte die Kurzarbeit sukzessive abgenommen, seit November gibt es wieder einen Anstieg. 

Scheele nahm die hohe Zahl der Kurzarbeiter auch als Hinweis darauf, dass der Abbau der Arbeitslosigkeit in einer Erholungsphase „sehr langsam“ gehen werde. Betriebe würden zunächst wieder die Kurzarbeiter regulär beschäftigen, erst danach komme es zu Neuanstellungen. Insbesondere gering Qualifizierte, darunter auch viele Zuwanderer mit schlechten Deutschkenntnissen, hätten es schwer.

Laut Scheele wird im Februar die Zahl der Langzeitarbeitslosen – das sind Menschen, die mindestens ein Jahr jobsuchend sind – wieder über eine Million steigen. Es habe hier einen enormen Anstieg gegeben. Das sei „schon bitter“ nach den in den vergangenen Jahren mühsam erreichten Erfolgen bei der Langzeitarbeitslosigkeit.

Auch Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) erklärte, die Pandemie treffe Langzeitarbeitslose „besonders hart“. Gemessen am derzeitigen Rahmen zeige sich der Arbeitsmarkt aber „widerstandsfähig“, vor allem die Kurzarbeit sei eine „tragende Säule“. Dank dieser Abfederung gebe es immer noch 33,89 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. Dies sei „angesichts der Krise eine fulminante Leistung des Kurzarbeitergeldes“. Auf pandemiebedingte Verluste zurückzuführen ist nach Angaben des Ministers derzeit rund jeder oder jede sechste Arbeitslose.

Der gewerkschaftspolitische Specher der Linksfraktion, Pascal Meiser, forderte, die Bundesregierung müsse ihre Anstrengungen im Kampf gegen die zunehmende Arbeitslosigkeit dringend erhöhen. Die Wirtschaftshilfen müssten an ein Verbot betriebsbedingter Kündigungen gekoppelt werden. Nur so lasse sich verhindern, dass Unternehmen die aktuelle Krise „für Umstrukturierungen auf den Rücken ihrer Beschäftigten missbrauchen“. 

Die Linken-Abgeordnete Sabine Zimmermann bezeichnete die Situation auf dem Arbeitsmarkt als „zunehmend dramatisch“ – unter anderem müsse das Kurzarbeitergeld „sofort“ auf 90 Prozent des Nettoentgelts erhöht werden und für diejenigen, die nur den gesetzlichen Mindestlohn bekommen, auf 100 Prozent.

Auch der arbeitsmarktpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Wolfgang Strengmann-Kuhn, mahnte zur Besserung Absicherung der Erwerbstätigen ein „existenzsicherndes Kurzarbeitergeld auch für Geringverdienende“ an. Nötig sei kurzfristig zudem, dass Selbstständige, Freiberufler und Künstlerinnen und Künstler „eine einfache, unbürokratische Leistung erhalten, die das Existenzminimum deckt“.

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