Das Europaparlament schaltet sich in die Debatte rund um die Brüsseler Strategie zur Corona-Impfstoffbeschaffung für die EU-Länder ein. Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides wird sich am Donnerstagvormittag den Fragen der Abgeordneten im Haushaltskontrollausschuss stellen, wie die Nachrichtenagentur AFP am Mittwoch aus Parlamentskreisen erfuhr. Am kommenden Dienstag soll demnach auch die Chef-Unterhändlerin der Kommission, Sandra Gallina, zu den Verhandlungen mit den Impfstoffherstellern im Gesundheitsausschuss befragt werden.
Die Mitgliedstaaten der EU hatten sich im Sommer darauf verständigt, die Kommission mit dem Aushandeln von Lieferverträgen mit Herstellern künftiger Corona-Impfstoffe zu beauftragen. Bis November schloss die Behörde daraufhin Vereinbarungen mit Biontech und Pfizer, Moderna, Astrazeneca, Curevac, Johnson & Johnson sowie Sanofi. Zuletzt gab es Vorwürfe, Brüssel habe insbesondere mit den vielversprechendsten Herstellern zu langsam und zögerlich Verträge abgeschlossen.
Zunächst hatte nur der Impfstoff des Mainzer Unternehmens Biontech und seines US-Partners Pfizer eine Zulassung in der EU erhalten. Die Kommission hat bis zu 300 Millionen Dosen dieses Mittels reserviert, wobei für einen umfassenden Impfschutz jeweils zwei Dosen nötig sind. Wegen Produktionsengpässen dürfte sich die Auslieferung der zugesagten Dosen noch mindestens über Monate hinziehen.
Am Mittwoch ließ die Kommission auch den Impfstoff des US-Konzerns Moderna zu. Das Mittel hat gegenüber dem von Biontech/Pfizer den den logistischen Vorteil, dass es bei einer Temperatur von minus 20 Grad statt minus 70 Grad gelagert werden kann.
Bei Moderna bestellte die EU mit maximal 160 Millionen Dosen aber bisher vergleichsweise wenig Impfstoff. Auch hier sind zwei Impfdosen nötig. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) geht nach eigenen Angaben nicht davon aus, dass die Moderna-Zulassung die aktuellen Engpässe rasch beheben werde.
Deutlich mehr Dosen bestellte Brüssel hingegen beim Tübinger Unternehmen Curevac und bei Frankreichs Sanofi. Insbesondere bei der Entwicklung des Impfstoffes der Franzosen gibt es aber erhebliche Verzögerungen. Aus Deutschland kam deshalb der Vorwurf, der Vertrag mit Sanofi sei auf Druck der französischen Regierung zustande gekommen. Die Kommission wies dies zurück.
Die meisten EU-Abgeordneten der pro-europäischen Fraktionen verteidigten die Kommission grundsätzlich gegen die Kritik. „Nach meinen Informationen hat Pfizer in den Verhandlungen lange darauf bestanden, von jeglicher Haftung auch bei eigenen Fehlern ausgenommen zu werden“, erklärte etwa der Gesundheitsexperte der Europa-CDU, Peter Liese. Das habe natürlich auch in den Verhandlungen eine Rolle gespielt.
Viel Kritik auch aus dem Parlament gab es allerdings an der strikten Geheimhaltung der Verträge mit den Herstellern. Etwa sind die Preise für die die einzelnen Vakzine nur bekannt, weil ein belgisches Regierungsmitglied sie aus Versehen auf Twitter veröffentlichte. „Ein massives Problem ist die mangelnde Transparenz“, erklärte der SPD-Abgeordnete Tiemo Wölken.