Der Iran hat nach Angaben der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) offiziell angekündigt, klar gegen das internationale Atomabkommen verstoßen zu wollen. Teheran wolle Uran auf einen Reinheitsgrad von bis zu 20 Prozent anreichern und damit die im Abkommen von 2015 festgelegte Schwelle deutlich überschreiten, teilte ein IAEA-Sprecher am Freitagabend mit. Das Sipri-Friedensforschungsinstitut warnte derweil vor zu großen Hoffnungen auf eine Rettung des Abkommens durch den künftigen US-Präsidenten Joe Biden.
Der Iran sandte eine Mitteilung zu seinen Plänen am 31. Dezember an die IAEA. Darin kündigt Teheran dem Behördensprecher zufolge an, das Uran in seiner unterirdischen Anlage in Fordow anreichern zu wollen. Damit solle ein kürzlich vom Parlament verabschiedetes Gesetz erfüllt werden. Das Gesetz fordert demnach die Produktion und Lagerung von „mindestens 120 Kilogramm an 20-prozentig angereichertem Uran pro Jahr“. Wann die Anreicherungsaktivität beginnen soll, gab Teheran nicht bekannt.
Der russische Vertreter bei der IAEA, Michail Uljanow, hatte zuvor im Internetdienst Twitter unter Berufung auf IAEA-Chef Rafael Grossi über die iranischen Anreicherungspläne berichtet. Ein Diplomat sprach von einem „weiteren Schlag“ gegen das Atomabkommen.
Das internationale Atomabkommen von 2015 soll sicherstellen, dass der Iran nicht die Fähigkeiten zum Bau einer Atombombe erlangt. US-Präsident Donald Trump hatte die von ihm als unzulänglich betrachtete Vereinbarung jedoch im Mai 2018 einseitig aufgekündigt und danach neue Sanktionen gegen Teheran in Kraft setzen lassen. Daraufhin zog sich auch der Iran schrittweise aus dem Abkommen zurück.
Die anderen Unterzeichner des Abkommens – China, Frankreich, Deutschland, Russland und Großbritannien – setzen große Hoffnungen auf den künftigen US-Präsidenten Biden. Der Demokrat hat bereits angekündigt, den Pakt retten zu wollen.
Der Direktor des in Schweden ansässigen, renommierten Sipri-Friedensforschungsinstituts, Dan Smith, dämpfte allerdings die Hoffnungen auf Biden als Vermittler. „Eine erfolgreiche Wiederaufnahme des Abkommens könnte mehr politisches Kapital kosten, als Joe Biden bereit ist zu investieren“, sagte er der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ vom Samstag.
Auch im Iran sei die Stimmung gekippt, weil das Abkommen nicht gehalten habe, was es versprochen hatte, führte Smith aus. Weder sei der Iran vollständig an den Welthandel angebunden worden, noch hätten sich internationale Investoren in größerer Zahl ins Land getraut. „Aus Sicht der iranischen Führung bedürfte es seitens der USA also eines ganz besonderen Angebots, um sich dem Abkommen wieder voll und ganz verpflichtet zu fühlen. Ich sehe nicht, was Biden da auf den Tisch legen könnte“, sagte Smith.
Laut dem im November veröffentlichten aktuellen IAEA-Bericht reicherte Teheran zuletzt Uran auf einen Reinheitsgrad an, der über dem Grenzwert des Atomabkommens von 3,67 Prozent, aber unter dem Grenzwert von 4,5 Prozent liegt, den die IAEA vorsieht.
Im Iran wurden derweil die Spannungen mit den USA weiter geschürt. Der Chef der Revolutionsgarden, Hossein Salami, gelobte bei einem Besuch der strategisch wichtigen Golfinsel Abu Musa am Samstag, auf jede „Aktions des Feindes“ zu reagieren. Ein Jahr nach dem tödlichen US-Drohnenangriff auf den iranischen General Kassem Soleimani vergewisserte sich Salami der militärischen Stärke des Landes und drohte mit einem „entschiedenen und starken Schlag“.