Johnson trotz Kritik zu Besuch in Schottland

Boris Johnson - Bild: Andrew Parsons / No 10 Downing Street
Boris Johnson - Bild: Andrew Parsons / No 10 Downing Street

Vor dem Hintergrund wachsender Unterstützung für eine Unabhängigkeit Schottlands und Kritik am Umgang der Zentralregierung mit der Corona-Krise hat der britische Premierminister Boris Johnson am Donnerstag die Region besucht. Nach Angaben seines Büros will Johnson in Schottland für die „großen Vorteile“ der Zusammenarbeit aller Landesteile in der Pandemie werben. Er werde überdies die Rolle seiner Regierung etwa bei der Bereitstellung von Corona-Tests und der Entwicklung von Impfstoffen betonen.

Scharfe Kritik an der Reise äußerte die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon, da Johnson damit gegen die Corona-Beschränkungen seiner eigenen Regierung verstoße. „Leute wie ich und Boris Johnson müssen arbeiten aus Gründen, die die Menschen verstehen, aber wir müssen nicht durch das Vereinigte Königreich reisen“, sagte Sturgeon am Mittwoch. „Wir müssen durch unser Beispiel führen.“

Der britische Staatssekretär für Kabinettsangelegenheiten, Michael Gove, verteidigte die Reise. Es sei wichtig, dass Johnson sich ein Bild von der Lage vor Ort im Kampf gegen die Pandemie verschaffe. Gove stammt aus Schottland.

Für Streit sorgte im Zuge der Reise auch Johnsons Ablehnung eines zweiten Unabhängigkeitsreferendums in Schottland. Die schottische Regierungspartei SNP warf Johnson vor, er ahme die „expliziten Versuche der Demokratieblockade“ durch den früheren US-Präsidenten Donald Trump nach. Je länger Johnson eine weitere Abstimmung über die Unabhängigkeit verweigere, desto größer werde die Unterstützung der Bevölkerung für ein Ausscheiden der Region aus dem Vereinigten Königreich, sagte SNP-Vize Keith Brown.

In Umfragen hatten sich die Schotten zuletzt 20 Mal in Folge mehrheitlich für die Unabhängigkeit ausgesprochen. Die SNP stellte bereits die Weichen für ein zweites Referendum und setzte dafür eine eigene Arbeitsgruppe ein. Auch bei den Regionalwahlen im Mai wird mit einem Sieg der SNP gerechnet. 

Beim ersten Referendum im Jahr 2014 hatten sich die Schotten noch mehrheitlich gegen eine Loslösung von London ausgesprochen. Bei der Brexit-Abstimmung im Jahr 2016 stimmten die Schotten, anders als die Mehrheit des Landes, gegen den EU-Austritt. Danach gewann die Unabhängigkeitsbewegung erneut an Fahrt.

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