Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) lehnt alleinige Entscheidungen der Onlinenetzwerke über den Ausschluss einzelner Nutzer ab. Sie halte es für „sehr problematisch, wenn private Unternehmen entscheiden, was von der Meinungsfreiheit gedeckt sei und was nicht“, sagte Lambrecht dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Dienstagsausgaben). Es sei „Aufgabe des Staates, das zu klären“.
Die Debatte um die Sperrung von Onlinekonten war in den vergangenen Wochen durch das Vorgehen mehrerer großer Netzwerke gegen den inzwischen aus dem Amt geschiedenen US-Präsidenten Donald Trump nach der Erstürmung des Kapitols in Washington angeheizt worden. Twitter, Facebook, YouTube und andere Internetunternehmen verbannten Trump aus ihren Diensten. Dem früheren Präsidenten wird vorgeworfen, zu dem Angriff auf den Sitz des US-Kongresses angestachelt zu haben.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte in einer Reaktion auf die Sperrung von Trumps Twitter-Konto das Vorgehen des Unternehmens als problematisch bewertet. In das Grundrecht auf Meinungsfreiheit könne nur eingegriffen werden „innerhalb des Rahmens, den der Gesetzgeber definiert, nicht nach dem Beschluss der Unternehmensführung von Social-Media-Plattformen“, sagte Merkel-Sprecher Steffen Seibert vor zwei Wochen.
Ähnlich äußerte sich nun Justizministerin Lambrecht: Die Schließung von Onlinekonten müsse „gesetzlich geregelt“ werden. Sie verwies auf einen entsprechenden Vorschlag, den die EU-Kommission im Dezember vorgelegt hatte.
„Wenn von bestimmten Accounts permanent volksverhetzende Aufrufe kommen, dann muss man darauf reagieren“, betonte die SPD-Politikerin zugleich. Doch sei die Meinungsfreiheit für die Demokratie von zentraler Bedeutung und die Macht der Netzwerke schon jetzt beeindruckend. „Deshalb darf es nicht sein, dass sie auch noch das letzte Wort bei der Sperrung von Accounts haben“, warnte Lambrecht.