Das Landgericht Stuttgart hat den Weg für ein Kapitalanleger-Musterverfahren gegen Daimler in der Dieselaffäre frei gemacht. Die Richter legten dem Stuttgarter Oberlandesgericht (OLG) 68 Feststellungsziele für mögliche Schadenersatzansprüche in einem Musterverfahren zur Klärung vor, wie sie am Freitag mitteilten. Anleger werfen dem Autobauer demnach in über 100 Klagen am Landgericht eine Verletzung seiner Informationspflichten vor und fordern insgesamt 1,26 Milliarden Euro.
Aus Sicht der aktuellen sowie ehemaligen Daimler-Aktionäre informierte der Konzern den Kapitalmarkt unzureichend über den Einbau mutmaßlich illegaler Abschalteinrichtungen in zahlreichen Dieselmodellen seit 2012. Daimler habe dies nicht rechtzeitig veröffentlicht und den Anlegern damit massive Verluste beschert
Das OLG soll sich nun mit den Vorwürfen befassen und unter anderem klären, inwieweit die entsprechenden Auskünfte als sogenannte Insiderinformationen zu werten und damit veröffentlichungspflichtig sind. Auch steht den Angaben des Landgerichts zufolge die Frage im Raum, ob die Unterlassung vorsätzlich oder zumindest grob fahrlässig war und Daimler sittenwidrig gehandelt hat.
Hintergrund für die Vorlage beim OLG ist das Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG), das Anlegern die gemeinsame Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen erleichtern soll. Gegen Volkswagen läuft in Braunschweig bereits seit längerem ein solches Verfahren im Zusammenhang mit den Abgasmanipulationen des Konzerns. Sollte auch das Stuttgarter OLG das Musterverfahren eröffnen, können die einzelnen Schadenersatzklagen der Anleger gegen Daimler laut Landgericht vorerst ausgesetzt und der Ausgang des Verfahrens abgewartet werden.