Großbritannien sieht in seiner erfolgreichen Impfstrategie den Grund dafür, warum das Land derzeit besser mit Corona-Vakzinen versorgt ist als andere Staaten. London habe frühzeitig mit der Förderung von Biotechnologie-Unternehmen begonnen, sagte die frühere Leiterin der Taskforce Impfstoffe der britischen Regierung, Kate Bingham, am Freitag in der BBC. Wegen geringer bürokratischer Hürden sei das Vereinigte Königreich ein attraktiverer Standort für Impfstoffentwickler als andere Länder.
Bingham verwies darauf, dass Großbritannien rasch damit begonnen habe, eine Datenbank mit rund 400.000 Freiwilligen für klinische Impfstoff-Tests zu schaffen. „Mit Blick auf unsere Größe und Kaufkraft waren wir klar im Nachteil, deshalb haben wir versucht, das Problem anzugehen, indem wir so flexibel und unterstützend wie möglich sind“, sagte die Ex-Taskforce-Chefin.
Auf diese Weise habe Großbritannien etwa das US-Pharma-Unternehmen Novavax davon überzeugt, sein Corona-Vakzin im Vereinigten Königreich klinisch zu testen und im Falle erfolgreicher Tests Impfstoffdosen für Großbritannien bereitzustellen. Insgesamt hat sich die Regierung in London bereits rund 60 Millionen des Novavax-Impfstoffs gesichert.
Das Vakzin von Novavax ist der vierte Corona-Impfstoff, der in Großbritannien die Zulassung erhalten könnte. Am Donnerstag hatte das US-Unternehmen die Wirksamkeit seines Impfstoffs mit knapp 90 Prozent angegeben. Grundlage waren Daten aus der dritten und letzten Studienphase in Großbritannien. Zugelassen sind im Vereinigten Königreich bereits die Impfstoffe von Biontech/Pfizer, Moderna und Astrazeneca. Acht Millionen Briten wurden bereits gegen das Coronavirus geimpft.
Bingham äußerte sich vor dem Hintergrund des Streits zwischen der EU und dem britisch-schwedischen Pharmakonzern AstraZeneca wegen angekündigter Lieferverzögerungen. Brüssel hat das Unternehmen aufgefordert, die vertraglich zugesicherten Impfstoffdosen an die EU-Staaten auszuliefern. Brüssel stört sich bei den Ankündigungen von Lieferengpässen des Unternehmens besonders daran, dass Großbritannien und andere Nicht-EU-Länder offenbar weiterhin ungekürzte Mengen erhalten sollen und hat AstraZeneca aufgefordert, notfalls für das Vereinigte Königreich vorgesehene Lieferungen in die EU umzuleiten.