Polen hat die bereits restriktiven Abtreibungsgesetze des Landes nochmals deutlich verschärft. Die rechtskonservative Regierung setzte am Mittwoch ein umstrittenes Urteil des Obersten Gerichts vom Oktober um, mit dem die bisherige Erlaubnis zur Abtreibung schwer fehlgebildeter Föten gekippt worden war. Damit sind Schwangerschaftsabbrüche künftig in fast allen Fällen verboten. Frauenrechtsaktivistinnen riefen noch für den Abend zu Protesten in der Hauptstadt Warschau auf.
Die Neuregelung werde noch am Mittwoch im Gesetzesblatt veröffentlicht, teilte die nationalkonservative PiS- Regierung im Kurzbotschaftendienst Twitter mit. Das Oberste Gericht hatte die Abtreibung schwer fehlgebildeter Föten als „unvereinbar“ mit der polnischen Verfassung bezeichnet. Damit gaben die Richter grünes Licht für die von der Regierung geforderten Verschärfungen.
Frauenrechtsaktivistinnen zeigten sich empört und riefen für Mittwochabend zu einer Kundgebung vor dem Obersten Gericht auf. „Macht eurem Ärger heute Luft, wie ihr es könnt“, sagte Marta Lempart von der Organisation Frauenstreik auf einer Pressekonferenz. „Wir rufen alle dazu auf, auf die Straße zu gehen.“
„Ganz Polen mobilisiert sich, nicht nur in Warschau“, sagte Klementyna Suchanow, eine weitere Organisatorin der Proteste. „Wenn wir von der Hölle der Frauen sprechen, können wir auch von der Hölle der Regierung sprechen“, sagte sie. „Wir werden euch das zur Hölle machen.“ Gegen die geplanten Verschärfungen hatte es bereits mehrfach Proteste gegeben, zuletzt im Dezember in Warschau.
Polen hat bereits eine der restriktivsten Abtreibungsgesetzgebungen in Europa. Frauen durften schon bislang Schwangerschaften nur abbrechen, wenn diese Folge von Inzest oder Vergewaltigung sind, ihr Leben in Gefahr ist oder der Fötus schwere Fehlbildungen aufweist. Ein Verbot von Abtreibungen in letzterem Fall kommt nach Einschätzung von Menschenrechtsorganisationen einem vollständigen Abtreibungsverbot gleich.
In Polen gibt es jährlich weniger als 2000 legal vorgenommene Schwangerschaftsabbrüche. Frauenrechtsorganisationen schätzen jedoch, dass pro Jahr etwa 200.000 Polinnen illegal abtreiben oder dafür ins Ausland gehen. Frauenrechtlerinnen befürchten, dass diese Zahl noch steigt, wenn das Urteil des Obersten Gerichts nun umgesetzt wird.