Die Polizeischüsse auf den Afroamerikaner Jacob Blake in Kenosha im US-Bundesstaat Wisconsin haben für die beteiligten Polizisten keine strafrechtlichen Folgen. Bezirksstaatsanwalt Michael Graveley gab am Dienstag bekannt, gegen keinen der Beamten Anklage zu erheben. „Kein Polizeibeamter aus Kenosha wird in diesem Fall wegen irgendeiner Straftat angeklagt“, sagte Graveley. Blakes Familie reagierte enttäuscht.
Der weiße Polizist Rusten Sheskey hatte dem 29-jährigen Blake am 23. August in der 100.000-Einwohner-Stadt Kenosha vor den Augen von dessen Kindern mehrfach in den Rücken geschossen, als dieser in sein Auto einsteigen wollte. Der Familienvater überlebte, ist seitdem aber gelähmt.
Staatsanwalt Graveley sagte, die Beamten hätten damals bei dem Einsatz davon ausgehen müssen, dass eine Gefahr von dem per Haftbefehl gesuchten Blake ausgehe. Der 29-Jährige sei mit einem Messer bewaffnet gewesen. In einem Prozess wäre es daher schwierig zu widerlegen, dass Sheskey von seinem Recht auf Selbstverteidigung Gebrauch machte, sagte Graveley.
Blakes Onkel Justin nannte die Entscheidung „einen Schlag ins Gesicht“. Er beklagte einen „institutionellen Rassismus“. Der Anwalt der Familie, B’Ivory Lamarr, sagte, es gebe ausreichende Beweise für eine Anklage gegen Sheskey.
Die Entscheidung der Staatsanwaltschaft sei ein Beleg für die Ungerechtigkeiten im US-Justizwesen. In den Vereinigten Staaten gebe es „drei Rechtssysteme: eins für Schwarze und Braune, eins für Polizeibeamte und eins für den Rest Amerikas“.
Unterstützung erhielt Blake auch vom Basketball-Star LeBron James. Die Weigerung der Staatsanwaltschaft, Anklage zu erheben, sei ein „Schlag ins Herz und in den Magen“, sagte er nach einem Spiel seiner Los Angeles Lakers.
Der erneute Fall von Polizeigewalt gegen einen Schwarzen hatte in den USA landesweite Proteste ausgelöst, die teilweise zu gewaltsamen Auseinandersetzungen führten. Am Rande der Proteste wurden zwei Demonstranten von einem 17-jährigen Weißen erschossen. Im Dezember wurde der Schütze gegen Zahlung einer Kaution aus der Haft entlassen.
Weil sie neue Proteste befürchtete, hatte die Stadtverwaltung von Kenosha vor der Entscheidung der Staatsanwaltschaft den Ausnahmezustand über die Stadt verhängt und die Nationalgarde mobilisiert.