Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, hat das Urteil im Prozess um den Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke als „klares Zeichen gegen Rassismus und Rechtsextremismus“ bezeichnet. Das Urteil sei eine „angemessene Reaktion auf diese furchtbare Tat“, erklärte Schuster am Donnerstag in Berlin.
Zugleich wurden nach Ansicht Schusters durch den Prozess Versäumnisse bei den Sicherheitsbehörden zutage gefördert. Er hoffe, dass der Untersuchungsausschuss im hessischen Landtag Erkenntnisse gewinnen werde, „die es ermöglichen, rechte Netzwerke künftig besser auszuleuchten und aus denen dann die entsprechenden Konsequenzen gezogen werden“.
Der Opferbeauftragte der Bundesregierung, Edgar Franke, nannte das Urteil einen wichtigen Schritt in der juristischen Aufarbeitung des rechtsextremistischen Attentats. „Die politische Aufarbeitung muss weitergehen“, forderte er. Der „von Hass und Menschenverachtung getriebene Mord“ bleibe eine Mahnung.
Die Demokratie müsse auf allen Ebenen viel entschiedener geschützt werden als bisher. „Rechtsextremisten bedrohen all jene, die für die Demokratie einstehen“, warnte Franke. Drohungen seien für viele, die sich politisch engagieren, beinahe Alltag geworden.
Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) verurteilte den Hauptangeklagten Stephan E. am Donnerstag zu lebenslanger Haft und stellte zudem die besondere Schwere der Schuld des 47-Jährigen fest. Demnach wird bei ihm außerdem die Anordnung der Sicherungsverwahrung nach der Haftverbüßung vorbehalten.
Den Mitangeklagten Markus H. verurteilten die Richter zu eineinhalb Jahren Haft auf Bewährung wegen eines Verstoßes gegen das Waffengesetz. Vom Anklagevorwurf der psychischen Beihilfe zum Mord sprachen die Richter den 44-Jährigen aber frei.
Lübcke war in der Nacht zum 2. Juni 2019 tot auf der Terrasse seines Wohnhauses im nordhessischen Wolfhagen-Istha gefunden worden. E. soll ihn aus rechtsextremen Motiven erschossen haben. Es war der erste rechtsextreme Mord an einem deutschen Politiker seit 1945.
Das Verbrechen löste großes Entsetzen und große Anteilnahme aus. Landesweit wurde nach der Tat unter anderem über einen höheren Schutz von Lokalpolitikern vor Bedrohungen sowie die Gefahren durch Rechtsextremismus und Hasskommentare im Internet diskutiert.