Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Urteile gegen zwei Berliner Mediziner wegen der Tötung eines schwer kranken Zwillingsmädchens nach ihrer Geburt in großen Teilen bestätigt. Die Höhe der Strafen muss aber neu verhandelt werden, wie der BGH am Montag in Karlsruhe erklärte. Das Berliner Landgericht hatte die Angeklagten im November 2019 zu eineinhalb beziehungsweise einem Jahr und neun Monaten Haft auf Bewährung verurteilt.
Bei dem ethisch und medizinisch komplexen Fall ging es um eine damals 27-jährige Frau, die 2010 mit Zwillingen schwanger war. Während der Schwangerschaft wurde bei einem Mädchen ein derart schwerer Hirnschaden diagnostiziert, dass damit eine Indikation für eine legale sogenannte Spätabtreibung vorlag. Dies war von den Eltern ausdrücklich auch gewollt.
Aufgrund der medizinischen Besonderheiten entschieden die Ärzte im Interesse des gesunden Mädchens jedoch, statt der erlaubten Spätabtreibung eine Tötung nach Einleitung der Geburt vorzunehmen. Damit lag dem Gericht zufolge indes ein Fall von Totschlag vor. Ein derartiges „Aussortieren“ von kranken und behinderten Säuglingen sei nach dem Willen des Gesetzgebers „unzulässig“, hieß es.
Die Berliner Richter hatten den Medizinern in ihrer Entscheidung zur Last gelegt, dass sie die Tat geplant und nicht in einer Notsituation gehandelt hätten. Bei einer medizinischen Operation sei dies allerdings kein zulässiger Erschwerungsgrund, wie die Richter in Karlsruhe entschieden. Über das Strafmaß muss deshalb neu entschieden werden.