Normalerweise entscheiden die Parteien auf Versammlungen landauf und landab, mit welchen Kandidaten sie in den Bundestagswahlkampf ziehen. Wegen der Corona-Pandemie dürfte das in diesem Jahr ganz anders laufen: Die Bewerber stellen sich online vor, und werden anschließend per Briefwahl gekürt. Der Bundestag trifft dafür bereits die Vorbereitungen – und berät am Mittwoch erstmals die dafür erforderliche Verordnung.
Wie soll die Kandidatenaufstellung in Pandemiezeiten über die Bühne gehen?
Versammlungen zur Wahl von Wahlbewerbern sollen außer der Schlussabstimmung ganz oder teilweise online stattfinden können. So soll es beispielsweise möglich sein, Versammlungen mit den Reden der Bewerber ausschließlich über ein Videokonferenzsystem abzuhalten, über das alle Teilnehmer zusammengeschaltet werden und miteinander kommunizieren können. Auch soll es möglich sein, dass nur einzelne Parteimitglieder im Wege elektronischer Kommunikation an einer Präsenzversammlung teilnehmen.
Die am Mittwoch im Bundestag diskutierte Verordnung sieht auch die Möglichkeit vor, eine Versammlung durch mehrere gleichzeitige Teilveranstaltungen, die mittels elektronischer Kommunikation verbunden sind, durchzuführen. Dabei muss stets gewährleistet sein, dass Kandidaten vorgeschlagen werden und sich vorstellen können. Zudem sollen Wahlbewerber auch in einem schriftlichen Verfahren aufgestellt werden können.
Wie wird über die Kandidaten abgestimmt?
Die Schlussabstimmung kann der Verordnung zufolge durch Urnen- oder Briefwahl oder eine Kombination aus beidem über die Bühne gehen, auch wenn diese Verfahren in der Satzung der Partei nicht vorgesehen sind. Bei der Aufstellung der Wahlbewerber können elektronische Verfahren zur Vorermittlung, Sammlung und Vorauswahl der Bewerbungen benutzt werden.
Welche Schritte sind für die Neuregelung erforderlich?
Der Bundestag hat bereits am 14. Januar mit einem Beschluss die Voraussetzungen für Online-Versammlungen und Briefwahl geschaffen. Das Parlament stellte fest, dass Versammlungen für die Aufstellung der Kandidaten wegen der Pandemie zumindest teilweise unmöglich seien. Daraufhin erarbeitete das Bundesinnenministerium die Rechtsverordnung, über die der Bundestag am Mittwoch erstmals beriet. Damit die Ausnahmeregelung in Kraft tritt, muss ihr der Bundestag noch zustimmen – was am Donnerstag geschehen soll.
Das Bundeswahlgesetz sieht den kompletten oder teilweisen Verzicht auf Vertreterversammlungen zur Kandidatenaufstellung im Fall „einer Naturkatastrophe oder eines ähnlichen Ereignisses höherer Gewalt“ vor. Ausdrücklich ist im Gesetz auch von einer Briefwahl die Rede.