Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hält trotz der Haftstrafe für den Kreml-Kritiker Alexej Nawalny am Weiterbau der Ostseepipeline Nord Stream 2 fest. Die Debatte über das Pipeline-Projekt solle nicht mit der Debatte über Menschenrechtsverletzungen in Russland vermischt werden, sagte Altmaier der „Bild am Sonntag“. „Das eine sind seit Jahrzehnten bestehende Wirtschaftsbeziehungen und Wirtschaftsprojekte von Unternehmen, das andere sind schwere Menschenrechtsverletzungen und unsere Reaktionen darauf.“
„Würde Nord Stream 2 nicht fertiggestellt, würde Russland dadurch nicht automatisch weniger Gas verkaufen, weil Nord Stream 1 und die Ukraine-Leitung ja weiter in Betrieb sind“, fügte der Wirtschaftsminister hinzu. „Aber deutsche Unternehmen würden Investitionen in enormer Höhe verlieren. Deshalb rate ich dringend zu einer sachorientierten Diskussion.“
Altmaier sagte zugleich, er könne sich eine „deutliche Antwort“ der EU auf die Verurteilung des Kreml-Kritikers vorstellen. „Die Verurteilung von Alexej Nawalny ist ein unerhörter Vorgang, der mit rechtsstaatlichem Verhalten nichts am Hut hat“, sagte Altmaier. „Ich kann mir eine deutliche Antwort gegenüber denen vorstellen, die diese Menschenrechtsverletzung angeordnet und zu verantworten haben. Das kann aber nur eine gemeinsame Antwort aller EU-Mitgliedsstaaten sein.“
Die Pipeline zwischen Russland und Deutschland ist fast fertig gebaut. Am Samstagabend hatte die Betreibergesellschaft Nord Stream 2 AG mitgeteilt, die Verlegearbeiten seien fortgesetzt worden.
Frankreich und viele andere europäische Staaten stehen dem Projekt kritisch gegenüber. Die USA bekämpfen es mit Sanktionen, weil sie eine zu starke Abhängigkeit Europas von russischen Energielieferungen befürchten. Die Bundesregierung hält trotz der Kritik an Russland im Zusammenhang mit den Repressionen gegen Nawalny und dessen Anhänger an dem Projekt fest.