Altmaier kündigt nach Beratung mit Verbänden Nachbesserungen von Hilfen an

Peter Altmaier - Bild: BPA/Steffen Kugler
Peter Altmaier - Bild: BPA/Steffen Kugler

Eine Neustarthilfe bis 7500 Euro für Soloselbstständige, ein Fonds für Härtefälle und Unterstützung auch für Unternehmen mit mehr als 750 Millionen Euro Jahresumsatz: Die Regierung bessert ihre Hilfen für die coronageplagte Wirtschaft weiter nach. Die sehnlichst erwünschte Öffnungsperspektive soll es aber frühestens Anfang März geben, wie Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) am Dienstag nach Beratungen mit über 40 Verbänden sagte. Diese zeigten sich nur teils zufrieden mit den Ergebnissen. 

Altmaier sagte in Berlin, die Beratungen seien eine „sehr wichtige und sehr fruchtbare Veranstaltung“ gewesen. Ein weiteres Treffen solle es in dieser Runde im Umfeld der nächsten Ministerpräsidentenkonferenz geben.

Der Minister teilte mit, von der Krise hart getroffene Soloselbstständige wie etwa Künstlerinnen oder Schauspieler sollten ab sofort einen einmaligen Zuschuss von bis zu 7500 Euro erhalten können. Für Unternehmen, die bislang durchs Raster fallen, werde es einen Härtefallfonds geben. Die Einzelheiten würden in den nächsten Tagen mit dem Bundesfinanzministerium und den Verbänden geklärt. Auch große Unternehmen mit einem Jahresumsatz von über 750 Millionen Euro sollen nun staatliche Überbrückungshilfen erhalten können. 

Der aktuelle Lockdown mit Schließung von Restaurants, Bars und einem Großteil des Einzelhandels gilt bis 7. März. Vier Tage davor wollen Bund und Länder beraten, wie es danach weitergehen soll. Im Vorfeld des Gipfeltreffens hatten zahlreiche Wirtschaftsverbände die bisherigen Hilfen kritisiert und eine Öffnungsstrategie angemahnt.

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) veröffentlichte ein Positionspapier mit 20 Forderungen – darunter vor allem einen „evidenzbasierten Stufenplan mit einheitlich anwendbaren Kriterien für eine sichere und faire Öffnung der Wirtschaft, wo immer dies epidemiologisch verantwortbar ist“. Auf dieser Grundlage könne „regional differenziert“ entschieden werden. Dazu kam der Wunsch etwa nach wirksameren Steuerhilfen durch die Erhöhung von Verlustrückträgen, eine Ausweitung der steuerlichen Forschungsförderung sowie Sonderabschreibungen für Investitionen.

Auch Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger erklärte nach den Beratungen mit Altmaier, nötig sei „weiterhin ein umfassender Gesamtansatz“. Dieser müsse eine Impf- und Teststrategie als Beitrag zur Öffnung mit dem Rahmen für den Schnellstart nach Corona verbinden. Grundlage müssten evidenzbasierte Entscheidungen sein. 

Der Handelsverband Deutschland (HDE) begrüßte insbesondere die Hilfen auch für große Unternehmen – dies habe der Verband „seit Monaten“ gefordert. Die Not sei unabhängig von der Größe bei allen vom Lockdown betroffenen Händlern riesig, erklärte HDE-Präsident Josef Sanktjohanser. Weiterhin nötig sei aber auch ein „Unternehmerlohn“ für die Inhaber kleiner und mittelständischer Unternehmer – ihnen drohe sonst der Absturz in die Armut.  

Der Tourismusverband betonte, die Politik müsse dringend die Frage beantworten, unter welchen Bedingungen die Menschen dauerhaft ausgehen und reisen und die Tourismuswirtschaft dauerhaft arbeiten dürften. „Wir werden trotz anlaufender Impfungen noch lange mit dem Coronavirus leben müssen. Wir brauchen endlich eine politische Lösung, die mit und trotz Corona dauerhaft ein Maximum an öffentlichem Leben, Freizeit und Mobilität garantiert“, erklärte der Verband. Der Deutsche Reiseverband verlangte, schon jetzt müsse eine Verlängerung der Hilfen über den Juni hinaus auf den Weg gebracht werden. 

Der Zentralverband des Deutschen Handwerks forderte, die Bund-Länder-Vertreter der Ministerpräsidentenkonferenz müssten „spätestens zum 3. März eine Öffnungsstrategie vorlegen“. Handwerkspräsident Peter Wollseifer verlangte zudem die Ausweitung des Verlustrücktrags auf „zwei, besser drei Jahre“. Aktuelle Verluste können so bei der Steuer mit früheren Gewinnen verrechnet werden. Die Blockade des Bundesfinanzministeriums hier sei „nicht weiter hinnehmbar“. 

Die Opposition kritisierte die Ergebnisse der Beratungen mit den Verbänden scharf. FDP-Fraktionsvize Michael Theurer erklärte, statt wirklich umfassender Ergebnisse habe es „quasi nur eine therapeutische Gesprächsrunde“ gegeben. „Altmaier hätte längst einen Härtefallfonds und ein Konzept für eine Öffnungsperspektive für die Wirtschaft vorlegen können, anstatt dies heute nur anzukündigen.“

Der Linken-Politiker Klaus Ernst monierte, die Zeit seit Sommer sei nicht genutzt worden, um vernünftige Strukturen aufzubauen, damit notwendige Wirtschaftshilfen schnell ausbezahlt werden können. „Da hat das Wirtschaftsministerium versagt.“ 

Die Wirtschaftsexpertin der Grünen, Katharina Dröge, bilanzierte „magere Ergebnisse“; für viele Unternehmen sei der Wirtschaftsgipfel ein Gipfel der Enttäuschung. Wieder einmal seien nur „kleinteilige Nachjustierungen“ verkündet worden. Ein schlechtes Signal sei zudem das Fehlen von Finanzminister Olaf Scholz (SPD). 

AfD-Fraktionschefin Alice Weidel kritisierte eine „Alibi-Veranstaltung“. Die Klagen der Verbände seien berechtigt. Altmaier habe die Auszahlung der großspurig versprochenen Unterstützungen „bis heute nicht auf die Kette gebracht“.

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