Ein Bundestagsabgeordneter der CSU steht unter Korruptionsverdacht: Das Plenum genehmigte am Donnerstag Durchsuchungen und Beschlagnahmungen bei Unionsfraktionsvize Georg Nüßlein. Die Generalstaatsanwaltschaft München bestätigte ohne Nennung eines Namens Ermittlungen wegen des Anfangsverdachts der Bestechlichkeit. Das Verfahren stehe in Zusammenhang „mit dem Ankauf von Corona-Atemschutzmasken“.
Es werde gegen zwei Beschuldigte ein Ermittlungsverfahren geführt „unter anderem wegen des Anfangsverdachts der Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern“, erklärte ein Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft. Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens sollten demnach am Donnerstag „13 Objekte in Deutschland und in Liechtenstein durchsucht und Beweismittel sichergestellt“ werden. Nüßleins Büro reagierte nicht auf eine AFP-Anfrage.
Das Portal „ThePioneer“ berichtete, Nüßlein habe sich im vergangenen Frühjahr unter anderem beim Bundesgesundheitsministerium und beim bayerischen Gesundheitsministerium für einen Lieferanten von Corona-Schutzmasken eingesetzt. Der Großauftrag sei auch zustande gekommen. Dafür sei im August eine Provision von 660.000 Euro bei einer Firma eingegangen, an der Nüßlein beteiligt sei. In diesem Zusammenhang sei aber keine Umsatzsteuervoranmeldung erfolgt.
Auch die „Bild“-Zeitung berichtete über eine fehlende Umsatzsteuervoranmeldung. Es gehe um eine Firma, bei der Nüßlein Geschäftsführer sei. Diese habe im Sommer rund 650.000 Euro erhalten, deklariert als Beraterhonorar. Die Summe soll demnach nicht direkt von einem Hersteller von Schutzmasken überwiesen worden sein, sondern von einem Zwischenhändler.
Der „Spiegel“ schrieb, Nüßlein habe bei einer hessischen Textilfirma für seine Vermittlungstätigkeit in Sachen Schutzmasken eine Rechnung über 660.000 Euro gestellt. Dieses Geld sei mutmaßlich auch geflossen. Die betreffende Firma habe sich auf Nachfrage des Magazins nicht geäußert.
SPD-Fraktionsvize Katja Mast forderte detaillierte Klarheit über den Vorgang. „Wenn auch nur der Verdacht entsteht, dass sich ein Abgeordneter des Deutschen Bundestages an der Corona-Krise persönlich bereichert, dann ist das ein sehr ernster, schwerwiegender Vorwurf, der umfänglich aufgeklärt werden muss“, schrieb sie auf Twitter.
SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese drang ebenso wie Vertreter der Opposition auf strengere Regeln für die Geschäftstätigkeit von Abgeordneten. „Wir müssen alle ein großes Interesse daran haben, der Bestechlichkeit von Politikern endgültig einen Riegel vorzuschieben“, erklärte er. Seine Fraktion fordere seit Monaten schärfere Transparenzregeln.
„Dazu gehören eine Anzeigepflicht für Aktienoptionen, schärfere Anzeigepflichten für Unternehmensbeteiligungen und Nebeneinkünfte, aber auch ein verpflichtendes Lobbyregister für Bundestag und Bundesregierung“, führte Wiese aus. Die Union müsse sich in dieser Sache bewegen.
Auch die parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Britta Haßelmann, erklärte, es seien „immer wieder“ CDU und CSU, die hier blockierten. „Wir brauchen mehr Transparenz, Nachvollziehbarkeit und Offenlegung politischer Interessensvertretung und schärfere Regeln“, forderte sie.
Der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Marco Buschmann, sagte der „Bild“-Zeitung, ein Lobby-Register sei „immer dringlicher“. AfD-Fraktionsvize Leif-Erik Holm erklärte in Berlin, es stelle sich die Frage, ob die aktuellen Regelungen zu Nebentätigkeiten von Abgeordneten „noch ausreichend sind“.